Teil 4)
Eine eigene Sicht auf die Zeit des Nationalsozialismus
Dadurch
wird auch nicht gesehen, daß sich sowohl die Katholische Kirche als
auch die faschistischen (und nationalsozialistischen) Bewegungen in ganz
Europa in einem Punkt durchaus trafen, übrigens auch mit den USA: Im
Kampf gegen die Gefahr des Kommunismus. Der nun einmal von Juden und
ihrer "revolutionären, gegen die Seinsordnung gerichteten Grundhaltung"
getragen wurde. Selbst ein Bischof wie Graf von Galen hat dies gesehen -
jener "Löwe von Münster", der Hitler ins Angesicht widerstanden und
gegen die Deportation von Juden opponiert hat.
Hitlers
Problem, so Jones, war die Reformation. Es war nach der Reformation
unmöglich, ein geeintes Deutschland herzustellen. Damit konnte er nicht
an die christliche Grundhaltung der Menschen appellieren, denn die
spaltete ja das Land! Dazu kam aus der Aufklärung heraus ein gewisser
anti-christlicher Impuls. Und es war derselbe Impuls, der auch einen
Antisemitismus nährte. Hitler hat genau daran angeknüpft.
Er
wußte, daß es in der Bevölkerung eine starke anti-bolschewistische
Haltung gab, und es war weitverbreiteter Konsens, daß der Bolschewismus
eine jüdische Operation war. Selbst Eugenio Pacelli, damals Nuntius
in Deutschland, schrieb zu den kommunistischen Revolutionsversuchen
(wie in Bayern) nach dem Ersten Weltkrieg in einem Bericht an Rom, daß
hinter diesen Bewegungen keineswegs Deutsche stünden, sondern russische
Juden. (Wofür man ihn später sogar "Antisemit" nannte.)
Hitler
hat sich auf diese Stimmung draufgesetzt - und es aber dann zu weit
getrieben. Sein Problem war, daß er ein Land nicht einen konnte, das
entlang konfessioneller Bruchlinien gespalten war. Also mußte er hinter
diese konfessionellen Linien zurückgehen, und auf eine vorchristliche
Form des Religiösen zurückgreifen. Auch diese Strömungen waren längst
vorbereitet - in Figuren wie Richard Wagner. Also versuchte er
Deutschland auf der Basis des Heidentums neu zu organisieren. Das
hat nicht funktioniert, denn einerseits hat in Wirklichkeit niemand mehr an
die Wahrheit der alten Mythen und Erzählungen geglaubt, andererseits hat er
die moralische Verfaßtheit der Deutschen, die auf dem Christentum
basierte, untergraben. Damit verlor die Nazi-Führung, die diese neue Basis
vorgab, die moralische Glaubwürdigkeit beim Volk. Damit war das
Projekt der Nazis von Anfang an zum Scheitern verurteilt.
Darin liegt auch ein wichtiger Grund für Hitlers feindselige Haltung
dem Katholizismus gegenüber. Der eine absolute politische Autorität
nicht anerkennen kann und damals wollte. (Weniger als heute, wo sich die
Kirche der Politik auf eine Weise unterwirft, die verblüfft und
verwirrt.) Wo die Kirche eine Konkurrenz darstellte, verfolgte er
sie unbarmherzig. Was man heute gerne vergißt, ist, daß sich in Dachau
tausende katholische Priester und Bischöfe im KZ wiederfanden. Und daß
tausende Priester auch starben bzw. umgebracht wurden. Nicht einmal
(katholische) Pfadfinder waren noch erlaubt, sie wurden durch die
Hitlerjugend ersetzt.
Hitler
war nur soweit zur katholischen Kirche freundlich, als er sich von ihr
Nutzen versprach. Also versuchte er auch die katholische Haltung zum
Judentum auszuspielen, versuchte den Antisemitismus als "christliche
Haltung" zu erklären. Selbst der gelbe Judenstern war ja eine Erfindung
der Kirche im Mittelalter. Ja, eine Erfindung von Heiligen. Denn man war
damals zur Auffassung gekommen, daß der einzige Grund, warum ein Jude
freundliche Beziehungen mit Nicht-Juden aufnahm den Grund hatte, daß er
versuchte, die Moral des anderen zu untergraben. Darum sollten alle
Christen gewarnt sein und vorsichtig bleiben. Ohne freilich das Recht zu
haben, Juden etwas anzutun! ("Sicut Iudaeus non!" "Auch wenn sie Juden sind, darf man ihnen kein Leid zufügen!")
Das führte zu Berührungsvermeidungen. Polen (wo sich viele Juden
niedergelassen hatten) wurde sogar von Rom aus mehrfach gewarnt, daß
christliche Mädchen nicht in jüdischen Haushalten Anstellung suchen
sollten. Denn das Abhängigkeitsverhältnis zum Dienstgeber führte immer
zur Korruption der Moral.
Das
führte übrigens zu manchen prominenten Fällen, in denen sich darauf Haß
auf die Kirche und eine von ihr geprägte Gesellschaft aus ganz anderen
tieferen Gründen formierte, in denen das Argument "Antisemitismus" nur
eine Scheinrolle spielte.
Morgen Teil 5)
*300618*