Teil 2)
Im
 Gegensatz dazu meint Peterson aber, daß die Vorgänge in unserer Welt, 
die Gründe für Leiden immer sehr komplex sind, und es ist nie einfach, 
sie zu differenzieren. Das entspricht der Empirie. Man muß deshalb auf 
eine gewisse Weise "dumm" und "spezifisch motiviert" sein um zu glauben,
 alles auf eine Erklärung zurückführen zu können. Sich gar nicht dafür 
zu interessieren, worum es genau im Einzelfall geht. Aber das ist eben 
eines der Wesensmerkmale von Ideologie, daß sie nur monokausal denken. 
Man
 sieht es in Psychopathologien sehr genau, wo Leute besessen davon sind,
 alles auf eine Ursache zurückzuführen, von deren Idee man eben besessen
 ist. Etwa bei Eßstörungen, wo die Menschen zusammenfallen auf eine 
monomanische Vorstellung von gut und böse, schön oder häßlich. 
Ideologien haben also unübersehbare Parallelen zu Psychopathologien. 
Wie
 beim Marxismus, der auf ein bestimmtes Schema fixiert ist, das genau 
definiert, wer Opfer und wer Täter ist. Er überzieht alles mit dieser 
Denkprämisse, diesem Vorurteil. Es ist, sagt Peterson, frappierend, wenn
 er mit Studienabsolventen aus Yale konfrontiert wird, die für alles und
 jeden, heute wie in der gesamten Menschheitsgeschichte, diese eine und 
einzige Weltformel haben, die alles erklären soll. Und das wuchert dann 
zur Erklärung aus, warum es Menschen gibt, die "besser" sind als man 
selbst. Wenn jemand intelligenter, leistungsfähiger ist, dann kann das 
nur seinen Grund darin haben, daß er (und/oder seine Vorfahren) 
Nutznießer der Unterdrückungsmechanismen ist. Der sein Selbstsein nur 
deshalb verteidigt, weil er ungerechtfertigte Macht aus Überlegenheit 
daraus bezieht.
Damit
 wird auch das Alter zur sozialen Ungerechtigkeit, denn im Normalfall 
haben ältere Menschen mehr Geld als junge. Sie können sich also das Leid
 aus der Welt schaffen. Dem stellt Peterson die Tatsache gegenüber, daß 
sich von der Psychologie her aussagen läßt, daß Geld nur in sehr 
begrenztem Ausmaß glücklicher macht. Wenn die Grundbedürfnisse 
gedeckt sind, kann Geld kaum noch etwas zum Glück beitragen. 
Das
 ignoriert der Marxist. Denn er ist einerseits materialistisch, 
anderseits sieht er den Feind im Kapitalismus. Der ihn davon abhält, 
glücklich zu sein. Geld wird also zum Schlüssel für Glück. Der 
Marxismus ist damit seltsamerweise mehr davon überzeugt, daß Geld 
glücklich macht, als die meisten Kapitalisten. Marxisten glauben 
tatsächlich, daß Geld die Lösung für alle Lebensprobleme ist. Es geht 
für sie nur darum, daß es die falschen Leute haben. Das ist zum Mindesten recht naiv. Denn die meisten Lebensprobleme, das meiste, 
worunter die Menschen leiden, kann Geld überhaupt nicht lösen, ja im 
Gegenteil, Geld macht viele Probleme noch schlimmer.
Dabei
 hält Peterson es für notwendig, daß es linke Parteien gibt, die dem 
Arbeiter eine politische Stimme geben. Das geht heute nämlich sogar 
unter, die etablierten - vor allem die ehedem linken - Parteien spüren 
das am meisten, die mittlerweile alle nur noch "Identitätspolitik" 
betreiben. Und das ist eine politische Katastrophe. Nicht zuletzt für 
sie selbst. Seiner Erfahrung nach sind den heutigen 
Mittelklasse-Politikern die Armen völlig gleichgültig. Sie hassen nur 
die Reichen. 
Eine
 Motivation der Gutherzigkeit ist kaum wo vorhanden, und das liegt im 
Wesen dieser Ideologie, wie die "Paradiese der Werktätigen" gezeigt 
haben. Es ist eben einfacher, jemanden zu hassen und sich davon 
motivieren zu lassen, als ein gutes Herz zu zeigen und positive 
politische Arbeit zu leisten und etwas Positives aufzubauen. Gulags sind
 eben nicht aus Gutherzigkeit entstanden, sondern aus Haß. Und die 
ideologischen Werke sind nur noch Rechtfertigungen eben dieses Hasses. 
Offensichtlich aber sind himmelhohe Gebirge von Leichen nicht genug 
Evidenz für die Pathologie dieser Ideologie.
Die Psychopathologie einiger wurde zur Destruktion aller
Der
 Postmodernismus hat vor allem zwei Architekten, Michel Foucault und 
Jacques Derrida. Sie waren Marxisten selbst zu einem Zeitpunkt, wo sich 
sogar ein Jean-Paul Sartre vom Kommunismus aufgrund der historischen 
Früchte abgewandt hat, die damals immer öffentlicher wurden. Wo längst 
klar war, daß die Sowjets nicht das Himmelreich, sondern eine Hölle 
geschaffen hatten, die nach Lenin und Stalin lediglich weniger effizient
 geworden war. Wo aber die Greuel im Maoistischen China, wo die 
Kulturrevolution der 1960er gerade hundert Millionen Tote gefordert hatte, 
publik wurden. 
Die
 Postmodernisten wußten damit lediglich, daß sie mit dem klassischen 
Marxismus keinen Blumentopf mehr gewinnen konnten. Sie veränderten also 
die marxistische Erzählung "reich gegen arm" auf das allgemeinere 
"Unterdrücker gegen Unterdrückte". Foucault, der immer ein verbitterter,
 selbstmordgefährdeter Außenseiter war, tat alles um jene Strukturen zu 
bekämpfen, die ihn nicht anerkennen wollten. Dabei ist es nur zu klar, 
daß es eine Gesellschaft, die Menschen von der psychischen Struktur 
eines Foucault anerkennen würde, nicht geben kann. Also arbeitete er an 
Denkstrukturen, die einerseits den Marxismus neu aufleben ließen, und 
anderseits eine Rechtfertigung dafür lieferte, daß es nicht sein Problem
 war, daß er nicht akzeptiert wurde, sondern daß daran alle anderen die 
Schuld hatten. Und so arbeitete er eine umfassende Theorie aus, die zur 
Grundlage eines generellen Kampfes der Marginalisierten und Minderheiten
 gegen die Allgemeinheit und Mehrheit wurde. 
Wenn
 sich auch Derrida und Foucault haßten und sich gegenseitig der 
intellektuellen Scharlatanerie bezichtigten (das Einzige, wo beide 
einmal Recht hatten), war Derridas Denken aus demselben Holz geschnitzt.
 Derrida sah jede Gesellschaftsmehrheit als Ansammlung rund um einen 
allgemeinen Kern von Überzeugungen und Vorstellungen, um die sich ein 
Rand von Dissidenten bildete, die diesen Kategorien nicht entsprachen. 
Und das muß auch so sein, denn wenn wir es nur mit Kategorien zu tun 
haben, die alles enthalten, also unendlich komplex sind, kann man sein 
Leben und Denken gar nicht organisieren. Es braucht also diese 
Bestimmtheiten im Kern, es braucht etwas das man einschließt und etwas,
das man ausschließt, sonst kann eine Gesellschaft gar nicht bestehen, 
sie zerflösse ständig. 
Wer
 nicht auszuschließen lernt geht zugrunde, weil er nichts wirklich 
machen kann und unter Dauerstress steht, der ihn auf Dauer umbringt. Das
 zeigt sich deutlich bei Schizophrenen, die sich auf kein 
Kategoriensystem festlegen können, weil ihnen diese Systeme ständig 
zusammenbrechen. 
Beide
 Philosophen entwarfen nun also Systeme in denen sie behaupteten, daß 
diese Exklusivitäten der Mehrheiten nicht in einer begründeten 
Hierarchie von Werten beruht, sondern - hier zeigt sich der Marxismus 
wieder - diese Wertehierarchien (die jedes System braucht) sind nur 
Konstruktionen, die die Machtpositionen absichern sollen. Sie haben also
 keinen Wert "in sich", sondern lediglich einen bestimmten Nutzen. 
Damit
 stellten sie jede Hierarchie in Frage. Die es ja überall gibt! Es GIBT 
Hierarchien der Kompetenz, Hierarchien der Schönheit, Hierarchien der 
Attraktivität, Hierarchien der athletischen Fähigkeiten, des Talents als
 Musiker, etc. etc. Das muß auch so sein, weil sonst nichts 
funktionieren würde, weil nichts ein Ziel der Perfektion hätte. Es 
braucht für ein Orchester virtuose Klarinettisten, an die sich der 
Schüler, der gerade ein paar Töne herausbringt, heranarbeiten muß, weil
 so lange er das nicht kann, er vom Orchester ausgeschlossen bleiben muß
 - um es als Beispiel zu zeigen. Die Nähe zu diesen Idealen bestimmt 
also auch die Hierarchie. 
Morgen Teil 3)
*210618*
 
