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Donnerstag, 9. August 2018

Nur die Fed war schuld an 2008

In einem TED-Vortrag wirft der Finanzfachmann Brian S. Wesbury die Frage auf, ob die Erklärung für den Mega-Crash im Jahre 2008, die die Weltwirtschaft fast zum Einsturz brachte, wirklich darin zu suchen ist, daß die Banken und Finanzinstitute "zu gierig" geworden sind. Denn die Frage ist doch, wie ein reales Spekulationsvolumen in Wett-Papieren von nicht einmal 300 Milliarden Dollar (bei einem damaligen BIP der USA in Höhe von 15 Billionen Dollar) einen Brandschaden verursachen konnte, der später mit vier oder gar fünf Billionen Dollar "gelöscht" werden mußte.

Wesbury meint, daß es eben NICHT die Banken waren. Vielmehr war es eine verfehlte Politik! Denn was kann man daran falsch finden, wenn die Banken auf die von der Fed (der amerikanischen Notenbank) auf ein Prozent in den Jahren zuvor gedrückten Zinsen vertraut hatten und entsprechend Kredite vergaben? Wo doch die Zinsen deutlich unter der Inflationsrate lagen! Das heißt, daß es sogar ein gewollter Effekt der Notenbank gewesen war - Clinton wollte sein Versprechen "jedem Amerikaner sein Haus" durchsetzen - die Investitionstätigkeit aufzublasen. Was ist daran falsch, in ein Haus und in ein noch größeres Haus zu investieren, dessen Wert mit fast hundertprozentiger Sicherheit steigen wird, so daß die Hypothek darauf immer weniger Gewicht bekommt? Genau das war gewollt!

Gleichzeitig ermunterte man damit die Banken (noch dazu durch ein quasi staatliches Risiko-Rückkaufprogramm), ihr eigenes Vergabeverhalten zu lockern. Worauf die auch Kredite nach Süd- und Lateinamerika vergaben. Denn dort wurde Geld gebraucht, und dort, in eher labilen Staaten, waren die Zinsen höher, die Ertragsaussicht satter. Also wurde (indirekt) auch Südamerika mit Geld geflutet.

Um das zum Einsturz zu bringen, braucht es etwas anderes als nur Spekulationslust. Und das kam in zwei Schritten. Zuerst einmal war da nämlich eine Art "Hysterie", die sich allmählich in gewissen Kreisen ausbreitete. Eine Hysterie, die vorhersagte, daß der Immobilienmarkt über kurz oder lang zusammenbrechen, die Häuser dramatisch an Wert verlieren würden. In deren Folge die per Staatsgarantien abgesicherte, ansonsten aber private Federal Reserve Bank (kurz: Fed) die Belehnungsvorschriften verschärfte. Jene Bank, die die einzelnen Banken quasi re-finanziert. Also ihnen über Anleihenkauf oder Risiko-/Garantieübernahmen etc. jene Geldmittel zuschiebt, die sie brauchen. Und was brauchen sie? Das gibt die Kreditnachfrage vor.

Nunmehr mußten die Banken aber auch die Immobilien, die sie bereits finanziert hatten, neu bewerten. Und zwar zu "Worst case"-Szenarien, also zu Preisen, die sich im schlimmsten Fall noch erzielen lassen würden, WENN eine Blase platzen würde. Wenn also schlagartig mehr Angebot am Markt ist als Nachfrage.*

Und dann ging die Fed her und erhöhte die Zinsen, eben um diese Kreditpraxis wieder einzuschränken. Die Folge war absehbar: Die Kreditnehmer konnten ihre Kredite nicht mehr bedienen, die Banken verkauften die Häuser (oder versuchten das), die "Werte für Immobilien" verfielen ins Bodenlose, und der gesamte Banken- und Finanzbereich brach zusammen.

Sie hat damit die Krise direkt und unter voller Eigenverantwortung ausgelöst. Es gab kein reales Anzeichen, daß der Markt überhitzt war! Der Wirtschaftsaufschwung, den diese Kreditvergabe ausgelöst hatte, war real und der Leistung der Unternehmen zu verdanken. Und was zeigte an, daß die Marktpreise für Immobilien tatsächlich zusammenbrechen würden, man also nicht mehr von Marktpreisen, sondern von Not-Verkaufspreisen ausgehen sollte? Warum sollten plötzlich die existierenden Marktpreise - der Markt funktionierte doch! - nicht mehr gelten?

Wesbury illustriert das Gemeinte durch ein kleines Beispiel: Ein Hausbesitzer, der auf seinem Anwesen eine Hypothek von 300.000 Dollar hat, erfährt, daß ein Hurrikan eintreffen wird. Er packt seine sieben Sachen und will die Gegend verlassen. Da kommt die Bank und sagt: Hey, wo sind unsere 300.000 Dollar? Der Mann sagt: Ich zahle doch meine Raten? Also was wollt ihr, ich bringe mich in Sicherheit. Da fährt die Feuerwehr vorbei. Die Bank, die um die Sicherheit und damit die Ausgewogenheit ihrer Bilanzen Angst hat, hält sie an und fragt die Feuerwehrleute, ob sie nicht das Haus kaufen wollen. Die sagen: Naja, da kommt ein Hurrikan. Einer schließlich meint: Gut, ich biete 20.000 Dollar. Da geht die Bank zum Hausbesitzer und sagt: Nun wollen wir von Dir 280.000 Dollar, und zwar sofort. Denn diese Sicherheit, Dein Haus, ist nicht mehr als 20.000 wert. Die Folge? Der Hausbesitzer ist bankrott. Die Bank bleibt auf dem offenen Kredit sitzen und geht auch pleite. Der Hurrikan ist übrigens nie eingetroffen.

Damit stehen sich zwei unterschiedliche Bewertungsprinzipien gegenüber, die unvereinbar sind: Der Hausbauer, der Immobilienkäufer muß von Marktpreisen ausgehen, die eine ganz andere Entstehungsgeschichte von Wert haben als die Banken, die das finanzieren. Damit gibt es im Grunde keinen Marktpreis mehr! Dieses Kriterium ist für eine Bank irrelevant geworden, sie rechnet nach anderen Preisen. Und sie muß das sogar tun.

Nicht also die Banken und die Spekulanten hatten die Krise 2008 ausgelöst, sondern eine chaotische, unrealistische und falsche Politik der US-Notenbank. Die über Niedrigzinsen ein Signal gesetzt hatte, weil es die Theorie so empfahl, das die logische und adäquate Wirkung zeigte. Um dann anderen Theorien folgend wieder in Panik zu geraten. Sie ruinierte damit willkürlich einen Markt, den der Staat (= Steuerzahler) mit vier bis fünf Billionen Dollar wieder aufpäppeln mußte, weil im Grunde die Volkswirtschaft vernichtet wurde. Billionen, denen nun aber nicht einmal mehr Werte (Immobilien) gegenüberstehen, denn die wurden bei diesem sinnlosen Vorgehen der Fed vernichtet. 

Die ehemaligen Hausbesitzer (das sind ca. fünf Millionen Amerikaner) sind ohne gegenstehendes Anlagevermögen schwer verschuldet, und damit fehlen dem Markt die Nachfrager. Die Preise sind also extrem niedrig. Binnen eines Jahres, 2008, hat die FED fünf Billionen Dollar vernichtet, fünf Millionen Amerikaner in den Ruin getrieben (die der Wirtschaft nun fehlen), und dafür gesorgt, daß die Steuerlast der Zukunft noch größer sein wird.

Wie diese ganze Absurdität geschehen konnte? In den maßgeblichen Gremien, so Wesbury, sitzen lauter Bürokraten, die noch nie in ihrem Leben auch nur irgendetwas Produktives getan, die noch nie etwas produziert, die noch nie etwas in der Realwirtschaft umgesetzt haben und deshalb niemals ein realistisches Gefühl für Wirtschaft und Risiko entwickeln konnten. Sie kennen Wirtschaft nur aus Vorlesungssälen und Büchern, ihre Einschätzungen von Realitäten müssen deshalb zwangsläufig falsch sein. Weil sie mangels Realitätserfahrung gar nicht die Informationen haben, die sie dazu bräuchten. Und dennoch fuhrwerken sie an ganzen Volkswirtschaften herum.

Genau diese Herrschaften aber lassen sich heute als diejenigen feiern, einer wie der andere, die "die Weltwirtschaft gerettet" hätten. Und wissen genau, wer an 2008 schuld war: Die gierigen Banken.

Heute sitzen dafür eben diese Banken - weltweit - auf ihrem Geld. Weil sie nun ständig unter der schlimmstmöglichen Annahme, der von Hurrikanen, leben. Denn, daß so einer so rasch kommen kann, hat sich nun (erstmals) gezeigt. Ebenso wie die, daß der Staat plötzlich alles wieder ändern kann. Und noch einmal wird sie der Staat nicht "retten", dazu fehlt bei der Bevölkerung jede Akzeptanz - denn alle kennen ja die Bösen: Es sind die Banken! Die Kreditvergabe ist weltweit damit trotz neuerlich niedrigster Zinsen - man hatte nach 2008 sofort wieder auf die Bedingungen VOR 2008 zurückzustellen versucht - schwer gedrosselt, weil die Kreditgeber extreme Sicherheiten verlangen, ja verlangen müssen. Das würgt wiederum die Wirtschaftsdynamik ab.








*Manchmal wird so getan, als sei das ein "alter Streit", was als Bewertung von Werten (in Bilanzen) heranzuziehen sei - der Wert bei aktivem, ungestörtem Betrieb, oder die schlimmste anzunehmende Situation. Das ist die Bandbreite von "Bewertung". Nur, mit Verlaub, das KANN gar nicht die Frage sein. Denn eine Wirtschaft MUSZ davon ausgehen, daß ihre Bewertungskriterien grosso modo dauerhaft sind, WEIL sie von einer funktionierenden Wirtschaft ausgehen. Wenn man das nicht macht, kann man es gleich lassen. 

Beispiel: Eine Fabrikhalle von "Plastics & Co" in Schkopau ist Millionen wert, wenn die Fabrik auch jene Gummischläuche produziert und verkaufen kann, die die sündteuren, extra angefertigten, nach allen Regeln der Ingenieurskunst ausgetüftelten Spezialmaschinen herzustellen vermögen. Wenn die Fabrik aber pleite geht, sagen wir: weil die Schläuche durch neuartige Diffusionstransverwertiger abgelöst wurden, also die Schläuche unverkäuflich wurden, sind diese Millionenwerte - Maschinen, Lager, Rohstoffe ... - nicht nur nichts mehr wert, und damit die Firma, sie sind vielleicht sogar noch eine Belastung.

Wenn wir aber so denken, können wir unsere Wirtschaft vergessen. Die immer - immer! - ein gewisses Risiko in sich birgt. So, wie eben das Leben. Jedes gesunde Sozialgefüge rechnet damit, kennt das auch, weil es immer so war. Denke der Leser nur an totale Technologieumbrüche wie die Einführung des Dampf-Webstuhls, der hunderttausende Weber vor das Nichts stellte. Oder an die Erfindung von Maschinengewehren, die Millionen Infanteristen und Kavalleristen zu sinnlosem Kanonenfutter degradierten. Die Errichtung von Eisenbahnen hat alleine in Westungarn hunderte Pferdezüchter (samt ihren Knechten und Mägden) über Nacht brotlos gemacht! Eine gesunde Kultur muß und kann solche Ereignisse aber auffangen.





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