Dieses Blog durchsuchen

Montag, 30. Mai 2022

Bei der Lektüre von Johannes de la Crux (6b)

Reinigung. Der Grund, warum es die allermeisten nicht einmal schaffen, anzufangen. Sodaß ihr gesamtes weiteres "spirituelles Leben" zu einem unausgesetzten Maneuvre der Täuschung wird.Unter dem vorhin Gesagten wird das nun vielleicht wieder ein Stück begreifbarer, warum es keinen Mystiker gibt, der vom Weg zu Gott spricht, und dessen Lehre letzten Endes nicht nur einen anderen Zugang zu dieser Grundgrammatik des Menschen darstellt. 

In der es NICHT um irgendeinen okkulten oder gar esoterischen Weg zur "Mystik" geht, als wäre das ein ähnliches Erleuchtungsprogramm, wie es irgendeine Yoga- oder Zen-Methode darstellen will, und der somit jedem offenstünde, der "mehr erleben" will. Sondern die radikale Ernsthaftigkeit meint, die für jeden Christen gleichermaßen gelten muß, nimmt er die Worte Christi ernst. 

Es ist der Weg jedes Menschen, der Gott lieben will und liebt, und das ist auch das einzige Kriterium, das gelten darf. Jeder Ratschlag auch eines Johannes vom Kreuz ist also nur ein gut gemeinter Ratschlag, geboren aus der eigenen Erfahrung, wie man das Drängen, das diese Liebe, die aus dem Hinzutreten zu jenem Ort (als einer Form des Seins mit Gott, also einer Beziehung) von selbst hervorruft, noch mehr zu ihrem Ziel fülhren kann - jener Glückseligkeit, die sich aus dem Sein bei Gott ergibt.
Das Problem ist also nicht zu meinen, daß letztlich der Weg zur Anschauung Gottes einen Unterschied zwischen den Menschen kennte. Ihre Grundaufgabe ist allen gleich. Der Sonderweg des Karmel ist ja ebenfalls in einem Auftrag begründet. Er muß wie jeder Lebensauftrag von außen kommen, als Ruf, als Be-ruf-ung auf einen Ort hin
Darin deshalb und so wie immer ist es damit der letztlich allen gleiche, eine Weg jedes Christen hin zu Gott, der über den Tod des Ich geht.
Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger, als daß der erste Schritt zu Gott der der schonungslosen Selbsterkenntnis sein muß. Jene Offenheit der Wahrheit gegenüber, in der das eigene Sein in seiner Verschattetheit durch Fehler und Sünden nach und nach erkennbar, das Sein vor Gott somit auf die einzige Ebene gelangt, die uns möglich und angemessen ist: Die des nüchternen Zugestehens der Sündhaftigkeit und Unwürdigkeit, die einem niemand "einreden" oder "aufoktroyieren" muß. Sondern in der es zum Akt der selbstverständlichen Anerkenntnis geworden ist, daß es unmöglich ist, aus eigenem Vermögen vor Gott zu gelangen. Daß es unmöglich ist, aus eigenem Streben "gut" zu werden. Diese "Eigenschaft" ist vielmehr eine jener Nähe zhu Gott, die von Gott selbst ausgeht. und nur aus ihm stammt wie nur durch ihn besteht.

Das ist gemeint, wenn Johannes vom Kreuz so eindringlich darauf hinweist, daß vor Gott zu wollen bedeutet, auf die "irdische Weisheit" und Klugheit zu verzichten. Anzuerkennen, wie elend wir doch kraft unserer Konstitution als erbsündlich belastete Menschenkinder (Siehe Anmerkung*) sind. Alle. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß dieser Schritt, der so klein und unbedeutend wirkt, und bei dem keine "Lorbeerkränze der Auserwähltheit und der mystischen Erlebnisse" winken, weil sie das Tor zum Himmel bedeuten: Das aus der Erkenntnis der eigenen Armut gezimmert ist. 

Nur wenige kommen über den Anfang hinaus ja nur wenige fangen überhaupt an. Denn hier geht es um die Grundentscheidung: Um die Bereitschaft zu sterben - Wer diesen Schritt also nicht geht, und zwar in allem, also auch dort, wo man so gerne bereit ist, sich Ausnahmen zuzugestehen, weil vielleicht tatsächliches Unrecht an uns geschehen ist, das uns "niedergedrückt" und bekämpft hat, wird nicht einmal sehen. wo diese Tür überhaupt ist. Geschwiege denn, ihre Klinke in die Hand nehmen können. Ich sage es offen - ich habe (außer bei ganz ganz wenigen Ausnahmen) noch niemanden erlebt, der diesen allersten Schritt wirklich zu gehen bereit ist. Oder der nicht immer wieder genau nach ersten Schritten auf diesem Weg wieder zurücksteigt.
Das heißt auch ein Sterben, das auf jede Form der Selbstrettung verzichtet, ja dankbar für jede Zerschlagung eines Eigenbildes ist, das in der Welt und vor den eigenen Augen (die die Augen der Welt sind) bestehen kann. 
Das heißt, sogar in einer Umgebung, die das weltliche Selbst(bewußtsein) zerstört, dankbar für die Befreiung zu sein, nun in die Hände Gottes fallen zu dürfen. Denn es ist eine wahre Leistung, eine Frucht harter Arbeit, sich der fügenden und formenden Hand Gottes auszuliefern, der IN DER BEGEGNUNG mit der Welt arbeitet. 
Denn die Forderung Gottes spricht im Begegnenden, das Ich entsteht in der Anrede, formiert sich im An- und Aussprechen des "Du".  Nur darum aber geht es: Diesem Du GOTT gegenüberzustehen, und sich nur an seiner Person anzuhangen. 
Wie leicht ist doch jeder Mensch aber versucht, sich immer wieder und wieder selbst am eigenen Schopf aus dem Feuer zu ziehen, und nun doch eine "Ausnahme" zu sehen, eine "kurzfristige Tat gegen das Prinzip" zu dulden, um den "richtigen" Weg darnach wieder fortzusetzen.
Nur hier aber fällt die Grundentscheidung, hier sträubt sich deshalb das gesamte irdische Leben und Sein, und klammert sich mit allem, oft auf perfide, fast immer höchst subtile Weise, an die irdische Existenz. Und sucht nach Wegen, doch noch OHNE diesen Tod zum Licht zu kommen. 

Mit der großen Versuchung, durch explizite "gute Taten" und "gewünschtes, als gut anerkanntes Verhalten" - sei es im Zwischenmenschlichen, sei es im "Gebetsleben" - in diesem Selbsturteil zu bewahren: Doch ein guter Mensch zu sein.

Wenden wir uns abschließen noch einer weiteren Versuchung zu, ein nächster Filter, die so viele aus dem wirlichen Weg auf den Karmel herausfischt. Und das ist der gesamte Bereich der aus dem protestantischen Raum stammenden (psychogenen) Selbstvergewisserungs-Methoden, die Nähe Gottes durch Gefühlspraktiken zu simulieren. Speziell in den liturgischen "Veränderungen", die heute zum Alltag vieler Pfarren oder Glaubensgemeinschaften gehören, und die Ablehnung der Grundentscheidung (eine Praxis, die wir doch so gut aus andere Lebensbereichen kennen!?) dadurch vor sich (und der Welt) verbergen, als sie behaupten, einen NEUEN, einen EIGENEN oder SELBST GEFUNDENEN Weg zu gehen. 

Weshalb sich charismatisch oder sonstwie bezeichnende, auf die herausragende Rolle des Ich als Führer beziehende Erneuerungsbewegungen - gleich, welcher speziellen Art sie sich rühmen, um diese selbst generierte Ich-Auszeichnung zu rechtfertigen - von vorne herein als Weg zu Gott ausschließen. 

Die oft genug sogar mit der bloßen Differenz "arbeiten", in der die Ferne zu Gott, das Leiden an der Distanz also, zum "spirituellen Element der GottesNÄHE" sui generis stilisiert und Inhalt wie Zentrum des Gebetslebens wird. Wer aber psychogene Erlebnisse sucht sucht nur einen anderen Namen für die Glückseligkeit der Welt - er sucht nicht Gott.

Wird fortgesetzt)

*Nur eine war und ist nicht von dieser Verfallenheit, diese prinzipiellen Nicht-Gut-Sein als Mensch und innerhalb des irdischen Menschseins betroffen. Und das ist die Gottesmutter Maria. Woraus sich die Sonderstellung ergibt, die die Gottesmutter im geistlichen Leben jedes Heiligen spielte und spielt. Denn AN IHR, in der Beziehugn mit ihr, werden wir selbst in ein Licht hineingezogen, ja hineinverwandelt - weil wir (siehe oben) dem ähnlich werden wie das, was wir ansehen, und mit dem wir in liebende Beziehung treten.



Erstellung 20. April 2022 - Ein Beitrag zur