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Montag, 23. Mai 2022

Gedankensplitter (1432)

Der Witz aus der Tatsache, daß alle an die Öffentlichkeit gehen sollen können dürfen wollen ist, daß es dadurch gar keine Öffentlichkeit mehr gibt. Sondern höchstens kein Privates, keine Flucht- und Rückzugsmöglichkeiten mehr. Sodaß man abwarten kann bis der Zustand erreicht ist, daß alle mit dem Rücken zur Wand stehen.

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Als Folge des Lockdown der letzten beiden Jahren haben im letzten Jahr 15 Prozent der Wiener Hotels (das ist jedes siebente) für immer geschlossen. Aber, schreibt die Zeitung beschwichtigend, es sei das Ende des traditionsreichen Hotel Triest - ein Hotel der obersten Kategorie, nimmt man die Prominenz der Gäste zum Maßstab, das in diesen Tagen seine Pforten schloß - eine Ausnahme. Die meisten der Schließungen beträfen kleine Betriebe. 

Man nennt solche Vorgänge seit dreißig Jahren übrigens in bestem Neutschuringesisch "Strukturbereinigung", und so manches politische Programm hat das sogar auf die Fahnen geschrieben und als Leistung verkauft. Was in Wahrheit Konzentrationsprozesse sind, die jeder halbwegs firme Kapitalismuskritiker als Konzentration von immer mehr in den Händen immer weniger Kapitalbesitzern diagnostizieren. Und deren Zielgruppe (denn sie sind ja die "weniger flexiblen", die "wenig rentablen", die "nicht der Zeit angepaßten" Betriebe) der Mittelstand ist. 

Wohl gemerkt und zur wichtigen Unterscheidung: MittelSTAND, nicht MittelSCHICHT. Zu der sich auch jeder Kanzleramtsportier zählt, weil er eine gewisse Einkommenshöhe hat. Die oft genug höher als die des MittelSTANDS ist, einer soziologischen Kategorie aus der Beschreibung der Gesellschaftsstruktur. 

Für die Kategorie Mittelstand aber, die das viel bedeutendere sozio-ökonomische Parameter darstellen, weil sie die Garanten von Stabilität auch in Krisen sind, weil sie sich immer ihr Tätigkeitsfeld selbst schaffen. Soweit das halt noch geht. In Zeiten es Corona ging es nicht mehr. Denn hier wurde wirklich alles gelähmt, was nicht Masken herstellte oder Spritzen sortierte. 

Es ist aber eindeutig so, daß die soziale wie wirtschaftliche Stabilität eines Landes (anders als manche meinen, sind nämlich Wirtschaft - Unternehmen - Arbeit unzerreißbare Kategorien einer einzuigen Sache; es ist ein fragliches Verdienst der Sozialsiten gewesen, die Arbeit herauszulösen und in einen Widerspruch zum Wirtschaften zu setzen) in Krisenzeiten ganz deutlich mit der Größe des MittelSTANDES koreliert: Je größer der Mittelstand, also der Personenstand der Freien, desto stabiler ist eine Gesellschatt in Krisen.

Todeskandidaten sind aber auch jetzt und einmal mehr die Mittelständler, und das unter der Ägide einer Regeriung, deren Mitglieder traditonell als "Mittelstandspartei" aufgetreten sind, und die immer noch gerne mit diesem Etikett winken. Denn wählen tun immer noch Menschen, nicht Bankkonten. Zumindest derzeit noch.

Darin zeigt sich halt einmal mehr die Umdeutung des Begriffs Wirtschaft hin zur "Geldproduktion", in der die Menschen lediglich Mittel, nicht Ziel weil vor allem Zweck der Politik überhaupt sind. 

Denn die großen Ketten sind Kapitalgesellschaften, hinter denen es nur noch selten (wobei in dieser Branche vermutlich noch mehr als anderswo) Unternehmer, sondern Kapitalanleger gibt. Die außerdem durch die sogenannten "Coronahilfen" am Leben erhalten wurden. Und scheinbar besser, effektiver, als es beim Mitelstand gelungen ist.

So nebenbei: Es wird in dieser Gangart wohl auch weitergehen. Denn selbst enn das Überleben gelungen ist, sind ganz gewiß die Kräfte vieler Unternehmer bis zum Zerreißen gespannt und eine Überschuldung conditio sine qua non. 

Noch etwas aber fällt mir auf: Als Bauunternehmer war auch mein Unternehmen relativ häufiger Kunde solcher Kleinhotels. Deshalb sagt das etwas allerdings nicht Überraschendes aus: Es sind Bauunternehmen, Montagefirmen, Handeslvertreter etc., die speziell solche kleinen Hotels brauchen, und zwar in erstaunlich großer Zahl. Die vielleicht weniger Schnickschnack bieten, aber dafür "gut und günstig" sind, und das brauchen ganze Branchen. Deren Unternehmen bringen einen Bauarbeiter wohl nicht so gerne im Hotel Vierjahreszeiten unter, und mancher selbständige Vertreter wird auch anders rechnen müssen, stehen ihm nur noch Sacher, Steigenberger oder Hilton zur Auswahl, weil die kostengünstigeren Etablissements Mangelware geworden sind.