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Montag, 2. Mai 2022

Wer die Welt zerstört, zerstört sich selbst

Bis 1918 (bzw. natürlich 1914) war Wien die natürliche Mittelstation des Orient-Express, der sich seit zwei, drei Jahrzehnten als so großartige Art, von Paris über Strassburg, München, Wien, Budapest, Bukarest und Sofia nach Konstantinopel zu reisen, etabliert hatte. Und dabei eine große Zahl nationaler und privater Eisenbahngesellschaftten in einem Abkommen zu einer Einigung brachte, die bis dahin unvorstellbar gewesen war. 
Bie der Weltausstellung 1873 in Wien - dem damaligen Hauptkreuz der europäischen Eisenbahnen, mit Anbindung nach ganz Europa, und einer der fünf größten Städte der Welt - wurde er entpsrechend als "Wunder" vorgestellt. Weil es damals immer noch eine Kulturstimmung war, Fortschritt als Zugewinn an Lebensqualität zu sehen, nicht als simple Ablaufoptimierung oder Menscheneliminierung durch Technik.
Nunmehr konnte der Reisende - und  es gab immer noch Zweifler, ob das überhaupt möglich sein würde - in größtem, schönstem Luxus fast eine Woche unterwegs sein konnte, ohne sich zudem noch vor Schikanen oder gar Banditenüberfällen (in Rumänien oder Bulgarien) fürchten zu müssen. Dabei wurde schon die Lebensmittelzulieferung an jeder Station zum Garanten für Lokalcolorit in der unübertrefflichen Küche der Speisewagen. Und es konnte schon vorkommen, daß in Rumänien der Zug auf offener Strecke hielt, um König Ferdinand an Bord zu nehmen, der persönlich die Locomotive bis Bukarest zu steuern begehrte.

Nur dahingehend also wurde das Eisenbahnwesen standardisiert, als ein Kulturereignis wie das Reisen in Europa immer probmeloser möglich war. Selbst die Speisefolgen waren zwischen den Bahngesellschaften geregelt, ebenso die Waggonausstattung, die Zahl des mitreisenden Personals, alles sollte für dne Reisenden Sicherheit und vor allem: Ein kultiviertes Leben bieten. Also wählte man auch die Sprache der Diplomatie als Sprache der Bahn - das Französische. Der Wagen wurde zum Waggon, der Triebwagen zur Locomotive, der Zug zum Train. oder zum Expréss, der Zugbegleiter zum Conducteur oder Schaffner, die Fahrkarte wurde zum Billet, das WC war ohnehin noch die Toilette. (Noch in den 1960er Jahren waren viele Begriffe beim Bahnfahren französischen Ursprungs.) 1900 beschäftigte die Orient-Express-Bahngesellschaft 6.250 Beschäftigte.

Nach 1918 aber änderte der Zug seine Route. Das Zeichen, daß sich nun alles geändert hatte. 
Auf Anweisung der Alliierten "Siegermächte" nahm der Orient Express nun die Route Paris - Lyon - Mailand - Venedig - Belgrad, um über Bukarest und Sofia nach Istambul zu gelangen. Denn die Verlierer Deutschland und Österreich sollten so vollkommen wie möglich aus dem gesamten öffentlichen Leben der "modernen Welt" ausgeschlossen werden.

Wenn heute von Cancel Culture geredet wird, so ist der Begriff recht unzureichend. Es gibt in Wahrheit keine schlimmere Bestrafung des Mensche, als ihn von gewissermaßen aus der Welt ins Nichts zu stoßen, und ihn von jeder Kommunikation, das heißt also aus jedem Allgemeinraum, auszuschließen. Damit fällt er tatsächlich ins Nichts, und damit kann man ihn wirklich nachhaltig schädigen oder gar zerstören. Es ist ein Todesurteil, das man da fällt, und fällt deshalb auch unter das Fünfte Gebot. 

Daß es viel viel zu kurze gedacht ist, ist dabei ein anderes Kapitel. Das aber den blinden Haß (und wie im Fall des Orient Express: Die nur Gott zustehende Befugnis der Rache) zeigt, der sich seit hundert und mehr Jahren sogar zur Richtlinie des Internationalen Umgangs der Völker miteinander entwickelt hat. Aber wer den anderen von dem Ort ausschließt, an dem ich stehe, schädigt auch sich selbst, ja genau genommen, stößt er sich selbst in ein ähnliches Nichts, wie den, den er damit töten will.

Deshalb sind auch Boykott-Maßnahmen, die sich zum alltäglichen MIttel der Außenpolitik so vieler Staaten entwickelt haben (wenn ich mich richtig erinnere, gibt es nur 60 Staaten, die von Boykott-Maßnahmen der USA un seiner engen VErbündeten NICHT betroffen sind, was heißt: der Westen boykottiert an die 130 Staaten weltweit, und mehr oder weniger total. Er schädigt aber damit die GANZE WELT, von der er selbst ein Teil war, und er er doch noch mehr in Zukunft sein wollte. Denn so manche der Boykotte sollen ja der Stärkugn der eigenen Position IN DER WELT dienen. Nichts tun sie weniger.

Sie sind eben nur Ausdruck blinden und sachlich damit zum völligen Irrsinn treibenden Hasses, und dienen damit nicht nur nicht dem Frieden, sondern der Zersörung der Welt. Das entspricht exakt dem Verhalten eines Selbstmordattentäters, der die ganze WElt zerstören will, um den einen Feind zu treffen.

Europa hat es spätestens seit 1918 vorgemacht. Als es immer weniger Länder ertrugen, daß sich eine neue Machtkonstellation am Kontinent ausdrücken wollte, die realen Veränderungen entsprach.

Mit den damals etablierten, völlig neuen "politischen Maßnahmen" und Mitteln der Politik hat aber der rasante Abstieg Europas seinen Ausgang genommen, der binnen dreier Jahrzehnte abgeschlossen war. Schon DeGaulle kämpfte (mit Adenauer) darum, zu retten war dazu noch zu retten war. Aber es war bereits zu spät. Europa konnte sich nicht mehr aus den Fängen des transatlantischen Zwingherren befreien. 
Der Wille, sich selbst zu ermorden, um auf jeden Fall den Todfeind zu ermorden, hatte bereits 1918 ganze Arbeit geleistet.

*** 

Die andere Todesart - Aber lassen Sie mich noch eine Todesart erwähnen, die mit diesem Problemkreis engstens verbunden ist - und das ist die gewissermaßen inverse, auf den Kopf gestellte Todesart, den Tod des anderen herbeizuführen, in dem die/(im Vormaligen, Früheren erkennbaren, real gemachten) ART des Umgangs miteinander mutwilliig und absichtlich so geändert wird, daß sie der eben frühreren, nur darin real bestehenden Natur und Art und weise der Beziehung zum anderen nicht mehr entspricht. Indem ich etwa die Anstandsregeln völlig ändere, und "Integraton" anbiete, die aber zugleich Zwang zu einer völlig neuen Art der Beziehung bedeutet. INdem ich den König von Orbitanien nicht mehr wie den König von Orbitanien behandele, sondern wie Bürger Joujou vom Rat der göttlichen Demokratie-Erkenntnis. 

Wenn ich also dem anderen plötzlich das Du überstülpe, obwohl er zuvor der Herr Generaldirektor oder der Großvater Mielich war. In dem ich also eine völlig neue Art von Beziehung etabliere, den anderen aber überrumple, um ihn einer Veränderung zu utnerwerfen, der er niemals zugestimmt hätte, und die der Nater der Beziehung  nicht entspricht.

Man denke an die Beziehung von Eltern zu ihren Kindern, denen plötzlich die "demokratie-erziehende, egalistisfche Koferenzmethode nach Rogers" aufgedrückt wird. Die also eigentlich gar nicht mehr Eltern sein dürfen, sondern sich in eine neue, gar nicht wirklich definierte (weil ohnr Ritus, der der ontologischen Konstellation entspricht, eiine Beziehung zu etwas oder jemandem gar nciht existiert  ich wiederhole mich: GAR NICHT, nicht ANDERS.

Wer den Löwen nunmehr den Verhaltensregeln des Umgangs mit Plüschpferden unterwirft, wer dies verlangt, während der andere möglicherweise in einem mißverstandenen Impult zustimmt, "das Ganze" zu retten (das nur MIT Beziehung existiert), oder gar (in einem Anflug von Größe) DEN ANDEREN (durch das Gemeinsame, welche Zusammenhänge der nicht zu sehen scheint) zu retten, der löscht das eigentliche Sein des Anderen aus, um dann mit seiner Leiche das Spiel der Welt zu spielen. Er tötet den anderen.

Warum ich das erwähne? Weil DAS die Art ist, in der heute Existieren zu einer leeren Simulationsübung unter Toten zerfallen ist. Weil ich tatsächlich meine, daß es wirklich Soziales GAR NICHT MEHR GIBT. Sondern das, das sich als solches ausgibt, nur das ad- oder cohäsive Zusammenklumpen toten Zellmaterials ist.


Erstellung 29. April 2022 - Ein Beitrag zur