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Donnerstag, 16. Mai 2019

Gottes eigenes Volk (4)

Teil 4) Volk ist eine Form von Familie - 
Aber Vaterschaft ist ein geistiger Akt, und damit Volk



Was kennzeichnet aber nun wirklich ein Volk? Gleich vorweg: Dasselbe wie eine Familie, sodaß man von einem Volk nur sprechen kann, wenn es Familien gibt, die sich so zusammenfassen lassen bzw. zusammenfassen. Aber auch in einer Familie geht deren Einheit als "Haus" nicht einfach auf die leibliche Abstammung zurück. Im Grunde zeigt das Rechtssystem der Römer am deutlichsten, worum es da geht: Um die Annahme von Personen, ob durch Zeugung geboren (wobei Vaterschaft prinzipiell bei den Römern eine Sache des Wortes, der Anerkennung war) oder durch freien Akt der Aufnahme durch den Vater (selbst Sklaven haben sich als Teil der Familie verstanden) zusammengeschlossene Gemeinschaft von Menschen, die ihre Gemeinschaft (wie jede Gemeinschaft) der Eingliederung in ein- und denselben Geist, also unter der Ägide eines geistigen Anführers und Kopfes des familiären Organismus, die durch eine entsprechend dem Kopf zugeordnete hierarchische Gliederung entsteht und entstanden ist. Alle übrigen Kriterien, ja sogar die Sprache sind nachrangig, wenn nicht bedeutungslos. 

Es ist ein und derselbe logos (als Sinnstiftung wie Ordnung der gesamten irdischen Wirklichkeit), der ein Volk zur Gemeinschaft macht, das sich dann als Einheit, weil Gemeinschaft begreift und sich unter Umständen dann auch in Organisationsformen wie dem Staat zusammenfindet. Oder, als Staatengemeinschaft sich in einem Reich zusammenschließt, als auch der Zwischenstaatlichkeit (Zwischen-Häuslichkeit) übergeordnete Ordnungsmacht, die letztlich immer auf die ganze Welt und deren Ordnung bezogen ist.

Bei der Verkürzung auf die rein genetische, leibliche, sich angeblich der persönlichen, körperlichen Zeugung entstehenden Verbindung, handelt es sich lediglich um historisch bestimmte Situationen geschuldeten Tatbestand, der in seinem Stellenwert im wesentlichen eines Ursprungs ist, der der Wirklichkeit der Welt nicht gerecht wird. Denn seit dem Sündenfall geht Leib und Geist nicht mehr als deckungsgleich, als univok (in einer Aussage also) einher.

Seine Betonung ist historisch deshalb immer einer Reaktion geschuldet, in der der Nachweis von Legitimität von Bedeutung ist, geistig (über die oben definierte Vaterschaft als Sinn-Geber) aber nicht zu erbringen war. Also hat man sich auch dieses "Kunstgriffes" bedient, der ein mangelndes Verständnis von Geist und logos, also eine Kulturdeprivation anzeigt. Die sich in vielen Fällen halt als nützlicher, für bestimmte Interessen brauchbar erwiesen hat. Selbst wenn körperliche Abstammung eine Rolle spielte, wie bei den Fürsten und Königen, so immer nur aus einer geistigen, ja göttlichen Sendung, die an ein Haus gebunden gedacht und vorgestellt wurde. Die in ihrem Wesen aber nicht dem eigentlichen Menschsein entspricht und nur unter vorchristlichen Nützlichkeitserwägungen gesehen werden kann.

Man denke da an die Sendungslegende der ungarischen Árpáden, die ihren Anspruch auf den Königsthron der Ungarn direktem göttlichem Auftrag (über den Vogel Turul) verdankt haben, was Grundstein für dessen Akzeptanz unter all den Stämmen war, die man gemeiniglich als "Magyaren" bezeichnet. Und nie genetisch-rassisch, ja nicht einmal sprachlich einfach "ein Volk" gewesen sind. Das gibt es im übrigen bei keinem Volk, sie alle sind immer Konglomerate aus zahlreichen Stämmen und Völkern, die sich eben über geistige Einheit zu "einem Volk" definiert haben. Diese Betonung entstand vor allem im 19. Jahrhundert, und war die Folge des vorausgehenden geistigen Zerfalls. Wo die europäischen Völker (die hier das Prinzip erkennbar machen) nach neuen Legitimitätsprinzipien gesucht haben - und auf die physische Abstammung stießen, also auf ein überholtes, altes Konzept zurückgriffen. Das dann oft genug mit großer Gewalt (wieder: Ungarn) durchgesetzt wurde, weil man den geistigen Prinzipien als Einheitsgarantie für ein Volk nicht mehr vertraute. Was alles mit der seit der französischen Revolution deutlich erkennbaren Schwächung der katholischen Kirche zusammenhängt.

Also suchte nun jedes Volk nach seinen Mythen als Legitimation. Abstammungsmythen begannen eine neue Rolle zu spielen. Sie haben zwar eine wichtige Funktion bei der Einigung von Familien und Stämmen zu Völkern, aber auch hier: immer als geistiges Bindeglied, in dem die Rolle des Blutes eher zufällig oder gar bedeutungslos ist.

Ging diese Legimität verloren, war es auch um den Herrschaftsanspruch des jeweils regierenden Hauses getan. Die Geschichte der Karolinger zeigt genau das. Die ihren Anspruch auf den fränkischen Königsthron den Merowingern nur deshalb absprechen konnten, weil der Papst deren reale, also im Blut begründete Macht als nicht mehr ausreichend, um ein Volk zum Staat oder gar zum Reich zu einen, bestätigte. Und damit auch dem Volk die Legitimität der (neuen) Herrschaft vor Gott klar war, die sich geistigem Prinzip verdankte.

Das Thema ist umfassend, es ist weit, es ist vor allem durch zahlreiche Einzelfälle ungemein vielfältig, aber es läßt sich unter diesem Punkt generalisieren: Volk war die Gemeinschaft von Menschen unter einem geistigen Kopf, war und sind Menschen, die unter einem Geist (und damit einer Kultur) in einer Ausfaltung des väterlichen Prinzips - Vater = Wort = Recht - zusammengefaßt sind. Jedes Volk der Geschichte war seit je ein Konglomerat unterschiedlichster Blutlinien, ja sogar Sprachen. Einheit gab ihm der geistige Vater, unter den sich alle diese stellten und gestellt wußten.

Mit leiblicher Abstammung hat das alles nur ganz peripher, zweitrangig und eher als Problem denn als Lösung zu tun.** Wieder bei den Römern angelangt, auf deren Recht und Rechtsprinzipien auch unser Recht (als beschreibende Grammatik des Volkes, dem wir alle angehören) aufbaut: Kind war, wen der Vater akzeptierte und an Kindesstatt annahm. Die Römer waren realistisch genug, um auf dieses geistige Prinzip zu kommen: Denn dem Blute nach gilt "Pater semper incertae." Leiblicher Vater ist man nur durch ein Wort, sicher kann man nie sein; als Rechtsprinip trägt das Blut nicht. Also mußte der Vater den "in die Hand" nehmen, der aufgenommen und damit Familienmitglied werden sollte. (Worauf dann das Wort "Emanzipation" zurückgeht: Ex mani cipere - aus der Hand geben.)

Zur Familie als Lebens- und Solidargemeinschaft, als Gemeinschaft der "Stellvertretung" (einer steht für alle, im besonderen, umfassendsten Sinn freilich das Haupt, der Vater, der Fürst, der König) gehörte, wer darein in einem Akt (der wie jeder Akt immer ein Ritus ist) aufgenommen wurde. Sonst gehörte man diesem Haus und damit sogar diesem Volk gar nicht an. Die Kirche hat diese Tatsache selbst nie abgelehnt, im Gegenteil; aber sie hat aus einem anderen Verständnis des Menschen heraus diesen Akt bereits in der Zeugung - sagen wir provokativ: Oder in der Erwerbung, denn es betrifft analog auch Sachen - gesehen. Sodaß eine spätere Ablehnung der Verantwortung Unrecht ist, weil alles Geschaffene immer ein Wunder aus Gottes Hand und damit Teil seiner Vorsehung ist. Aber das macht die Adoption, also die geistige Vaterschaft, der leiblichen Vaterschaft unbedingt gleichrangig, denn es ist "derselbe", nur zeitlich verschiedene, aber sogar (als Barmherzigkeit) verdienstvollere Akt. Gegen den aber auch der Aufgenommene durch Abwendung und "gewollten Austritt" (ein Ausscheiden aus Gemeinschaftskreisen ist, sonst immer mit "Entsendung" oder "Entlassung" in einen neuen Kreis verbunden) verstoßen kann.





Morgen Teil 5) Und deshalb sind die Juden nicht mehr Volk Gottes - 
Nicht Gott hat ein Versprechen zurückgenommen, 
sondern das Judentum ist ausgetreten



*Geben wir Butter zu den Fischen: Auf eine irritierende Art ist dieses Recht über Leben und Tod des Kindes heute wieder präsent, und zwar in der Abtreibung. Nur liegt es heute in der Hand der Frau, die das Eigentum über das Kind zugesprochen erhält, und über dessen Leben und Tod entscheidet. Im Ritus auf verblüffend gleiche Weise: Sie nimmt es nicht in die Hand.

**Wenn es also unsinnig ist, von "Rasse" zu sprechen, so ist es keineswegs unsinnig davon zu sprechen, daß jedes Volk, das immer auch einen Bezug zur Landschaft, zu bestimmten Lebensbedingungen, bestimmter Orte inmitten anderer Völker usw. usf., eine gewisse leibliche Typologie, mehr noch: eine gewisse Reihe von Typologien entwickelt. (Gesicht, Körperbau, Gestalt ist immer Ausdruck von Eigenschaften.) Und das zeigt sich auch in der Physiologie, den Gesichtsausdrücken, der Körpergestalt, der Art und Charakteristik.  

Und darin zeigen sich eben genau diese geistigen Zugehörigkeiten. Man erkennt Schlesier, man erkennt Pariser, man erkennt Slowenen, man erkennt Basken, man erkennt Türken, trotz der Vielfalt, die sich scheinbar entwickelt hat oder unter einer Leitidee (Staat und Reich) zusammengefaßt ist. Das sich noch dazu über die Generationenabfolge zu einem vererbten und vererbbaren Merkmal macht. So schwierig das im Einzelfall sein mag, oder ein geschultes Auge braucht, erkennt man deshalb auch einen Katholiken, einen Muslim, und warum nicht: auch einen Juden. 

Während man umgekehrt einen Menschen, dessen Vorfahren noch (sagen wir) vor 500 Jahren vom Judentum zum Katholizismus konvertiert ist, heute recht wahrscheinlich als Katholiken, nicht als Juden erkennt. Oder umgekehrt: Viele Menschen, die als Katholiken aufgewachsen sind, haben heute keine katholische, sondern zum Beispiel sehr protestantische Charakteristik, denn auch die gibt es. Das ist also sehr sublim und darauf gut zu achten wäre sehr ratsam, weil es eine Art "innere Geneigtheit" anzeigt und viel erhellt, auch im sozialen Gefüge. Selbst wenn der Mensch davon gar nichts weiß, oder sogar (bewußt geworden) ablehnen würde. 

Das kann sich auch verändern, entwickeln, sogar recht rasch. Der VdZ, der seit zwölf Jahren seine Wohnung in Ungarn hat, beobachtet in diesen wenigen Jahren, in denen der Amerikanismus als Lebensform dramatisch zunahm, eine deutliche (und bedauerliche) Veränderung der Physiognomien im Generationenwechsel bei vielen oder gar den meisten jungen Ungarn. Aber sogar deren Elterngeneration wird physiognomisch bereits seltener von Österreichern unterscheidbar.

Alle Menschen tragen eben einen alles durchdringenden Zug jener Einheiten, jener geistigen Vater-Zugehörigkeiten (Ideen), von denen sie ein Teil sind, und innerhalb deren sie im Stellvertretungszusammenhang stehen. Das erkennt man an gewissen politischen Problemen - Kurden etwa, wiewohl auf türkischem Staatsgebiet lebend, zu dem sie sich aber nicht zugehörig fühlen wollen (sic!), haben eine andere Physiognomie als (meinetwegen) Anatolier. Aber diese Typologien sind eben charakterbezogen, und drücken auch Eigenschaften aus. Sie sind jedoch nicht "rassisch-genetisch" bedingt, so eine Aussage läßt sich höchstens im übertragenen Sinne verstehen.