Teil 4) Volk ist eine
Form von Familie -
Aber Vaterschaft ist
ein geistiger Akt, und damit Volk
Was kennzeichnet aber nun
wirklich ein Volk? Gleich vorweg: Dasselbe wie eine Familie, sodaß
man von einem Volk nur sprechen kann, wenn es Familien gibt, die sich
so zusammenfassen lassen bzw. zusammenfassen. Aber auch in einer
Familie geht deren Einheit als "Haus" nicht einfach auf die
leibliche Abstammung zurück. Im Grunde zeigt das Rechtssystem der
Römer am deutlichsten, worum es da geht: Um die Annahme von
Personen, ob durch Zeugung geboren (wobei Vaterschaft prinzipiell bei
den Römern eine Sache des Wortes, der Anerkennung war) oder durch
freien Akt der Aufnahme durch den Vater (selbst Sklaven haben sich
als Teil der Familie verstanden) zusammengeschlossene Gemeinschaft
von Menschen, die ihre Gemeinschaft (wie jede Gemeinschaft) der
Eingliederung in ein- und denselben Geist, also unter der Ägide
eines geistigen Anführers und Kopfes des familiären Organismus, die
durch eine entsprechend dem Kopf zugeordnete hierarchische Gliederung
entsteht und entstanden ist. Alle übrigen Kriterien, ja sogar die
Sprache sind nachrangig, wenn nicht bedeutungslos.
Es ist ein und derselbe
logos (als Sinnstiftung wie Ordnung der gesamten irdischen
Wirklichkeit), der ein Volk zur Gemeinschaft macht, das sich dann als
Einheit, weil Gemeinschaft begreift und sich unter Umständen dann
auch in Organisationsformen wie dem Staat zusammenfindet. Oder, als
Staatengemeinschaft sich in einem Reich zusammenschließt, als auch
der Zwischenstaatlichkeit (Zwischen-Häuslichkeit) übergeordnete
Ordnungsmacht, die letztlich immer auf die ganze Welt und deren
Ordnung bezogen ist.
Bei der Verkürzung auf
die rein genetische, leibliche, sich angeblich der persönlichen,
körperlichen Zeugung entstehenden Verbindung, handelt es sich
lediglich um historisch bestimmte Situationen geschuldeten
Tatbestand, der in seinem Stellenwert im wesentlichen eines Ursprungs
ist, der der Wirklichkeit der Welt nicht gerecht wird. Denn seit dem
Sündenfall geht Leib und Geist nicht mehr als deckungsgleich, als
univok (in einer Aussage also) einher.
Seine Betonung ist
historisch deshalb immer einer Reaktion geschuldet, in der der
Nachweis von Legitimität von Bedeutung ist, geistig (über die oben
definierte Vaterschaft als Sinn-Geber) aber nicht zu erbringen war.
Also hat man sich auch dieses "Kunstgriffes" bedient, der ein mangelndes Verständnis von Geist und logos, also
eine Kulturdeprivation anzeigt. Die sich in vielen Fällen
halt als nützlicher, für bestimmte Interessen brauchbar erwiesen
hat. Selbst wenn körperliche Abstammung eine Rolle spielte, wie bei
den Fürsten und Königen, so immer nur aus einer geistigen, ja
göttlichen Sendung, die an ein Haus gebunden gedacht und vorgestellt
wurde. Die in ihrem Wesen aber nicht dem eigentlichen Menschsein
entspricht und nur unter vorchristlichen Nützlichkeitserwägungen
gesehen werden kann.
Man denke da an die
Sendungslegende der ungarischen Árpáden, die ihren Anspruch auf den
Königsthron der Ungarn direktem göttlichem Auftrag (über den Vogel
Turul) verdankt haben, was Grundstein für dessen Akzeptanz unter all
den Stämmen war, die man gemeiniglich als "Magyaren"
bezeichnet. Und nie genetisch-rassisch, ja nicht einmal sprachlich
einfach "ein Volk" gewesen sind. Das gibt es im übrigen
bei keinem Volk, sie alle sind immer Konglomerate aus zahlreichen
Stämmen und Völkern, die sich eben über geistige Einheit zu "einem
Volk" definiert haben. Diese Betonung entstand vor allem im 19.
Jahrhundert, und war die Folge des vorausgehenden geistigen Zerfalls. Wo
die europäischen Völker (die hier das Prinzip erkennbar machen)
nach neuen Legitimitätsprinzipien gesucht haben - und auf die
physische Abstammung stießen, also auf ein überholtes, altes
Konzept zurückgriffen. Das dann oft genug mit großer Gewalt
(wieder: Ungarn) durchgesetzt wurde, weil man den geistigen
Prinzipien als Einheitsgarantie für ein Volk nicht mehr vertraute.
Was alles mit der seit der französischen Revolution deutlich
erkennbaren Schwächung der katholischen Kirche zusammenhängt.
Also suchte nun jedes
Volk nach seinen Mythen als Legitimation. Abstammungsmythen begannen
eine neue Rolle zu spielen. Sie haben zwar eine wichtige Funktion
bei der Einigung von Familien und Stämmen zu Völkern, aber auch
hier: immer als geistiges Bindeglied, in dem die Rolle des Blutes
eher zufällig oder gar bedeutungslos ist.
Ging diese Legimität
verloren, war es auch um den Herrschaftsanspruch des jeweils
regierenden Hauses getan. Die Geschichte der Karolinger zeigt genau
das. Die ihren Anspruch auf den fränkischen Königsthron den
Merowingern nur deshalb absprechen konnten, weil der Papst deren
reale, also im Blut begründete Macht als nicht mehr ausreichend, um
ein Volk zum Staat oder gar zum Reich zu einen, bestätigte. Und
damit auch dem Volk die Legitimität der (neuen) Herrschaft vor Gott
klar war, die sich geistigem Prinzip verdankte.
Das Thema ist umfassend,
es ist weit, es ist vor allem durch zahlreiche Einzelfälle ungemein
vielfältig, aber es läßt sich unter diesem Punkt generalisieren:
Volk war die Gemeinschaft von Menschen unter einem geistigen Kopf,
war und sind Menschen, die unter einem Geist (und damit einer Kultur)
in einer Ausfaltung des väterlichen Prinzips - Vater = Wort = Recht
- zusammengefaßt sind. Jedes Volk der Geschichte war seit je ein
Konglomerat unterschiedlichster Blutlinien, ja sogar Sprachen.
Einheit gab ihm der geistige Vater, unter den sich alle diese
stellten und gestellt wußten.
Mit leiblicher Abstammung
hat das alles nur ganz peripher, zweitrangig und eher als Problem
denn als Lösung zu tun.** Wieder bei den Römern angelangt, auf
deren Recht und Rechtsprinzipien auch unser Recht (als beschreibende
Grammatik des Volkes, dem wir alle angehören) aufbaut: Kind war, wen
der Vater akzeptierte und an Kindesstatt annahm. Die Römer waren
realistisch genug, um auf dieses geistige Prinzip zu kommen: Denn dem
Blute nach gilt "Pater semper incertae." Leiblicher Vater
ist man nur durch ein Wort, sicher kann man nie sein; als
Rechtsprinip trägt das Blut nicht. Also mußte der Vater den "in
die Hand" nehmen, der aufgenommen und damit Familienmitglied
werden sollte. (Worauf dann das Wort "Emanzipation"
zurückgeht: Ex mani cipere - aus der Hand geben.)
Zur Familie als Lebens-
und Solidargemeinschaft, als Gemeinschaft der "Stellvertretung"
(einer steht für alle, im besonderen, umfassendsten Sinn freilich
das Haupt, der Vater, der Fürst, der König) gehörte, wer darein in
einem Akt (der wie jeder Akt immer ein Ritus ist) aufgenommen wurde.
Sonst gehörte man diesem Haus und damit sogar diesem Volk gar nicht
an. Die Kirche hat diese Tatsache selbst nie abgelehnt, im Gegenteil;
aber sie hat aus einem anderen Verständnis des Menschen heraus
diesen Akt bereits in der Zeugung - sagen wir provokativ: Oder in der
Erwerbung, denn es betrifft analog auch Sachen - gesehen. Sodaß eine
spätere Ablehnung der Verantwortung Unrecht ist, weil alles
Geschaffene immer ein Wunder aus Gottes Hand und damit Teil seiner
Vorsehung ist. Aber das macht die Adoption, also die geistige
Vaterschaft, der leiblichen Vaterschaft unbedingt gleichrangig, denn
es ist "derselbe", nur zeitlich verschiedene, aber sogar
(als Barmherzigkeit) verdienstvollere Akt. Gegen den aber auch der
Aufgenommene durch Abwendung und "gewollten Austritt" (ein
Ausscheiden aus Gemeinschaftskreisen ist, sonst immer mit
"Entsendung" oder "Entlassung" in einen neuen
Kreis verbunden) verstoßen kann.
Morgen Teil 5) Und
deshalb sind die Juden nicht mehr Volk Gottes -
Nicht Gott hat ein
Versprechen zurückgenommen,
sondern das Judentum ist
ausgetreten
*Geben wir Butter zu den Fischen: Auf eine irritierende Art ist dieses Recht über Leben
und Tod des Kindes heute wieder präsent, und zwar in der Abtreibung.
Nur liegt es heute in der Hand der Frau, die das Eigentum über das
Kind zugesprochen erhält, und über dessen Leben und Tod
entscheidet. Im Ritus auf verblüffend gleiche Weise: Sie nimmt es
nicht in die Hand.
**Wenn es also
unsinnig ist, von "Rasse" zu sprechen, so ist es keineswegs
unsinnig davon zu sprechen, daß jedes Volk, das immer auch einen
Bezug zur Landschaft, zu bestimmten Lebensbedingungen, bestimmter
Orte inmitten anderer Völker usw. usf., eine gewisse leibliche
Typologie, mehr noch: eine gewisse Reihe von Typologien entwickelt.
(Gesicht, Körperbau, Gestalt ist immer Ausdruck von Eigenschaften.)
Und das zeigt sich auch in der Physiologie, den Gesichtsausdrücken,
der Körpergestalt, der Art und Charakteristik.
Und darin zeigen sich
eben genau diese geistigen Zugehörigkeiten. Man erkennt Schlesier,
man erkennt Pariser, man erkennt Slowenen, man erkennt Basken, man
erkennt Türken, trotz der Vielfalt, die sich scheinbar entwickelt
hat oder unter einer Leitidee (Staat und Reich) zusammengefaßt ist.
Das sich noch dazu über die Generationenabfolge zu einem vererbten und
vererbbaren Merkmal macht. So schwierig das im Einzelfall sein mag,
oder ein geschultes Auge braucht, erkennt man deshalb auch einen
Katholiken, einen Muslim, und warum nicht: auch einen Juden.
Während man umgekehrt
einen Menschen, dessen Vorfahren noch (sagen wir) vor 500 Jahren vom
Judentum zum Katholizismus konvertiert ist, heute recht
wahrscheinlich als Katholiken, nicht als Juden erkennt. Oder
umgekehrt: Viele Menschen, die als Katholiken aufgewachsen sind,
haben heute keine katholische, sondern zum Beispiel sehr protestantische
Charakteristik, denn auch die gibt es. Das ist also sehr sublim und
darauf gut zu achten wäre sehr ratsam, weil es eine Art "innere
Geneigtheit" anzeigt und viel erhellt, auch im sozialen Gefüge.
Selbst wenn der Mensch davon gar nichts weiß, oder sogar (bewußt
geworden) ablehnen würde.
Das kann sich auch verändern, entwickeln, sogar recht rasch. Der VdZ, der seit zwölf Jahren seine Wohnung in Ungarn hat, beobachtet in diesen wenigen Jahren, in denen der Amerikanismus als Lebensform dramatisch zunahm, eine deutliche (und bedauerliche) Veränderung der Physiognomien im Generationenwechsel bei vielen oder gar den meisten jungen Ungarn. Aber sogar deren Elterngeneration wird physiognomisch bereits seltener von Österreichern unterscheidbar.
Alle Menschen tragen
eben einen alles durchdringenden Zug jener Einheiten, jener geistigen
Vater-Zugehörigkeiten (Ideen), von denen sie ein Teil sind, und
innerhalb deren sie im Stellvertretungszusammenhang stehen. Das
erkennt man an gewissen politischen Problemen - Kurden etwa, wiewohl
auf türkischem Staatsgebiet lebend, zu dem sie sich aber nicht
zugehörig fühlen wollen (sic!), haben eine andere Physiognomie als
(meinetwegen) Anatolier. Aber diese Typologien sind eben
charakterbezogen, und drücken auch Eigenschaften aus. Sie sind
jedoch nicht "rassisch-genetisch" bedingt, so eine Aussage
läßt sich höchstens im übertragenen Sinne verstehen.