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Freitag, 24. Mai 2019

Raum als göttliche Ordnung (3)

Teil 3) Wie schon häufig: Die zu Exkursen ausgeuferten Anmerkungen





*Letztendlich beruht Kommunikation sogar auf der Nonverbalität des Gestalthaften. Und damit auf den Raum als Wirklichkeit des Beziehungshaften, der Aussage zum eigenen Wesen in der Begegnung, die sich nur in der Begegnung von Gestalten ans Licht hebt. Rituelles als Tanz der Gestalten, der sich selbst wiederum auf ein Dahinterstehendes, Geistiges, wirklich Wirkliches bezieht, in dem beide sich treffen, das beide umfaßt. (s. u. a. dazu Zubiri: Wesen als Ort! Ort als Wesen.)

²In einer historischen Entscheidung im 16. Jahrhundert haben sich England, Frankreich, Portugal und Spanien verbindlich sogar darauf verständigt, daß jenseits eines gewissen Breitengrades im Atlantik keine Rechtsordnung mehr bestand. In einer Zeit, wo in Europa Staaten ihre Beziehungen bereits zu verrechten begonnen hatten - im sogenannten "Völkerrecht", in dem nur noch der Papst zuständige Schiedsinstanz war. Deshalb mußte auch Rom die Streitigkeiten zwischen Portugal und Spanien im Fall des "Jesuiten-Staates" in Paraguay schiedsrichten. 

Aber das hat seine Ursprünge in diesen uralten Rechtsansichten, in denen sich natürlich noch jede Menge Heidentum mitschleppt, das man im Wesentlichen als "Angstverhältnis" unter Menschen begreifen muß. Vermutlich sogar alle Völker bezeichnen sich in ihrem Namen, den sie sich selbst geben, als "Menschen", alle anderen über einzelne Eigenschaften, oder gar als Nicht-Menschen. Eine Vorstellung, die übrigens Spanien am frühesten (christlich) weiterentwickelt hat, denn Menschen sind prinzipiell alle Völker, und müssen auch so behandelt werden (wenn auch nicht unmittelbar als der "Gemeinschaft zugehörig". In der Entscheidung die Indios betreffend zeigt sich das. Als der Franziskanerpater Las Casas vor Karl V. erwirkte, daß dieser den Indios alle Rechte als Menschen zustand, war das keineswegs eine Selbstverständlichkeit, denn es war nicht klar, ob ein Mensch ohne Kultur überhaupt Mensch war. 

Sie mögen lächeln, werter Leser, so einfach ist das gar nicht, und gerade heute gibt es fatale Tendenzen, diese Feststellung wieder gemäß dem Heidentum zu treffen: In der Abtreibung etwa, in der Euthanasie, oder in der Gehirntoddefinition, wo man überall den Status Mensch von gewisser Aktualisierungskraft abhängig macht. Und die anderen Länder ließen sich damit auch noch viel Zeit. Denn erst wollten sie ja einmal ihren Platz neben oder über Spanien im seit 1492 erst zu ordnenden Raumgefüge erobern, da war ihnen offizielle Anarchie lieber.

Gemeinschaft, damit Vertrauenswürdigkeit beruht auf gemeinsamen Riten, auf vor allem nonverbal selbstverständlich etablierter, kraft persönlicher Verhältnisse (zu denen auch Gesetze gehören) verbindlicher Art des Umgangs miteinander. Wer dieser Ritengemeinschaft nicht angehört wird zuerst einmal mit Vorsicht behandelt, nicht ins Innerste einer Gemeinschaft eingelassen, muß sich erst bewähren, und das ist ein Gebot der Klugheit.

**Im großen Rahmen gesehen ist - rudimentär, aber immerhin - noch die gesamte Millionenstadt auf den Stephansdom als Zentrum ausgerichtet, ja um ihn angeordnet.

³Wenn wir heute keine Stadtmauern mehr brauchen, dann deshalb, weil bereits das gesamte Land in unseren Ländern in die Ordnung der Städte hineinbezogen und damit Kulturland ist. Das Bemerkenswerte an Mitteleuropa bzw. unseren Ländern ist ja, daß es keinen Flecken mehr gibt, der NICHT in eine Ordnung gestellt ist. Selbst wenn (sagen wir) ein kleines Waldstückchen im Dorf Unterpfingelstätten als "verwildert" auf einem großen Acker steht, ist seine Wildnis ein Platz in einer Ordnung. 

Und ist streng zu unterscheiden von einer anderen Unordnung, die Zeichen von mangelnder, nicht vorhandener Kultur ist, wie sie im Süden Europas oder von der Türkei bis in den gesamten arabischen Raum und Afrika zu sehen sind. Wo Menschen sogar mitten in Müllhalden leben, die sie offiziell Orte oder Städte nennen. In einem von Menschen bewohnten chaotischen "Raum", die nicht in der Lage sind, Raum zu schaffen, weil begegnende Dinge ihren Beziehungen gemäß in eine Ordnung zu stellen. Menschen, die also bestenfalls Oasen (und sei es in den ummauerten Hinterhöfen) kennen. Denn erst Ordnung schafft überhaupt das, was wir als "Raum" bezeichnen. Das meist ein gründliches Mißverständnis ist: Weil wir seine meßbare Emanation für "Raum" erklären.  Meßbar sein heißt aber nur, ein Verhältnis zu anderen Dingen zu haben. Ein Raum-Maß als absolute Größe gibt es nicht. Es herrscht hier dasselbe Mißverständnis wie beim Begriff der (irdischen) Zeit.