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Montag, 6. Mai 2019

Warum Ökonomie keine Wissenschaft ist (1)

In diesem Video werden einige der sogenannten "Quants" vorgestellt. Sie sind alle ausgestiegen, spätestens nach dem Crash 2008. Es sind Mathematiker, die für die Finanzindustrie gearbeitet haben. Und sie sagen alle das gleiche: Nicht nur, daß man mit Mathematik täuschen kann (und das auch tat), sich quasi frohrechnen kann. Ihre Formeln wurden mißbraucht.  

Denn anders als Ökonomen glauben, hat man es bei der Ökonomie nicht mit einer Wissenschaft zu tun. Eine Wissenschaft bedeutet, daß man Gesetze kennt, und Gesetze sucht, nach denen etwas so und so abläuft. Das gibt es in der Wirtschaft aber nicht. Überall sind Menschen, und Menschen sind unvorhersagbar. Wie etwas funktioniert ist letztlich nicht wißbar. Es hat nur die Gestalt von Annahmen, von Einschätzungen, aber nicht von Gesetzen. 

Daran ist auch nichts Schlechtes, aber man darf es nicht vergessen. Man muß sich deshalb fragen, ob die Ökonomie überhaupt die richtigen Methoden hat, um als Wissenschaft zu gelten. Es gibt ja einen Grund, warum man sie immer als Teilbereich der Moraltheologie oder -philosophie gesehen hat. Aber sicher nie als Bereich der Mathematik, wie sie heute oft behandelt wird. Mathematik kann manchen Dienst leisten, aber sie kann Wirtschaft nicht gesetzmäßig beschreiben. Deren Vorgänge mit Mathematik nichts zu tun haben, sondern mit menschlichem Verhalten.

Man kann mit mathematischen Formeln deshalb nur eine Scheinsicherheit schaffen. Mit der Gefahr, daß jemand, der die Formeln nicht genau kennt, nicht weiß und gar nicht wissen kann, wieviele Annahmen, subjektive Abschätzungen, wie sich etwas entwickelt, darin eingebaut sind. Annahmen, die auch Mathematiker von Leuten aus der Wirtschaft übernehmen müssen. Aber darin können die Praktiker sich auch täuschen, und das hat sich ja 2008 gezeigt. Man vergißt generell heute, wie gefährlich es ist, die Wirtschaft zu sehr an der Mathematik festzumachen. Die Mathematik schafft aber keine Realität! Und was ist die Realität der Wirtschaft? Oft Angst, Irrationalität, Gier, Neid ...

Man muß in allen noch so guten Formeln viel linearisieren, viel festlegen, was aber im strengen wissenschaftlichen Sinn gar nicht festlegbar, sondern rein subjektiv ist. Wie Menschen in bestimmten Situationen wirklich reagieren und wie sie interagieren, wie also die Wirtschaft als Ganzes reagiert, ist aber niemals nach strengen Gesetzen vorhersagbar. Die Faktoren sind also für Vorhersagen viel zu unsicher. Trotzdem hat man solche auf den Finanzmärkten gemacht, um den Preis für ein Produkt am Markt festzulegen.

Soweit ist die Anwendung von solchen Formeln noch vertretbar. Aber man hat mit der Zeit überall vergessen, wie unsicher alle diese Annahmen sind und so getan, als seien die Rechenergebnisse sichere Aussagen, weil sie ja der Mathematik entstammen. Die reale Welt kann man nie völlig beherrschen wie die virtuelle. Und da läßt sich manches Motiv ablesen.

In Wahrheit ist man an der Wallstreet bis 2008 einfach aus Gewohnheit hergegangen und hat sich vorgesagt, der Immobilienmarkt würde immer steigen, weil er das ja seit Jahrzehnten getan hat. Daß es zu einem plötzlichen Einbruch kommen könnte, hat niemand angenommen. Man hatte schlicht und ergreifend nicht mit der Realität gerechnet, sondern sich bequem auf die Formeln gesetzt. Denn die bestätigten das, was man gerne so wollte: Daß alles immer und endlos so weitergehen würde. Und dann war da die Gier, der Wille so vieler, die an der Wallstreet arbeiten: Daß sie eines Tages so viel verdient haben, daß sie nicht mehr arbeiten müssen. Daß sie nächstes Jahr noch mehr verdienen als in diesem.

Ein Grund dafür liegt im Bonussystem. Nicht daß gegen einen Bonus etwas einzuwenden wäre - wenn er auf ein persönliches Risiko hin, das man getragen hat, das aber nicht schlagend wurde, ausgezahlt wird. Bei Maklern (oder bei Hedgefonds) hat man es nie mit eigenem Geld zu tun, sondern mit dem Geld der Anleger. Kein Makler verliert etwas, wenn die Kurse einbrechen, wenn ein Papier wertlos wird. Nur der Kunde. Deshalb sollte man Boni nur jenen zahlen, die auch persönliches Risiko eingegangen sind. Aber niemals solchen, die mit fremdem Geld Risiken eingehen.

 Morgen Teil 2)






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