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Mittwoch, 8. Mai 2019

Wo die Lebenswracks anbranden

Hamburg, Elbschloßkeller. Einer der Anker in der Verzweiflung von Menschen, die in der Gesellschaft keinen Fuß auf den Boden kriegen. Da über Schuld oder Versagen zu reden, ist müßig und falsch. So klein kann die menschliche Gesellschaft, die Stadt, das Dorf, die Millionenstadt (die in ihren Vierteln und Zusammenhängen und Routen wieder Dorf ist, denn nur im Dorf kann der Mensch überhaupt leben) gar nicht sein, daß es nicht Menschen gibt, die einfach keinen Halt finden. Da hilft keine "Sozialarbeit" und kein "Integrationsbeauftragter.

Daß es ein Prozent der Menschen ist, darüber streitet niemand. Der VdZ glaubt aber, daß mit Graubereichen jede Gesellschaft zehn Prozent hat, die einfach nicht zu integrieren, sondern einfach ... in ihrer Unbrauchbarkeit, ihrem Scheitern zu lieben sind. Und dieser Prozent-Bereich hat noch einmal das Doppelte in seinem Sog. Bei einem Drittel aller Menschen kann man nie nach Leistung und Nutzen gehen, sie werden keiner Gesellschaft, keiner Gemeinschaft letztlich gerecht. Und doch werden diese Menschen gebraucht, und doch stehen sie an einem Platz in der Ordnung. Im eigentlichsten Sinn, nicht aus aufgeplusterter "Barmherzigkeit". Und auch nicht, damit wir sie alle alle superglücklich und wohlhabend "wie wir" machen.

Als der Hl. Laurentius (+258 n. Chr.) in der Zeit der kaiserlichen Christenverfolgung bei Androhung von Folter aufgefordert wurde, die "Schätze der Kirche" auszuliefern, kam er am nächsten Tag mit einer Schar Armer, Elender, Pöbel. Das, soll er gesagt haben, das sind unsere Schätze. Er wurde bekanntlich geröstet. Nun, er hat damit ganz sicher nicht gemeint, daß man an diesen Armen seine Großherzigkeit beweisen könne, das ist bestenfalls zweitrangig.

Er hat damit wohl das Herz der Armen und Elenden gemeint, das in aller Schuld und allem Versagen die Chance hat, in eine Haltung der Demut zu gelangen, die sie zu leuchtenden Kerzen im Reiche Gottes machen. Es ist die liturgische Haltung, die eigentliche Haltung des Menschen des Heils in der Welt. Es ist die Haltung, die alles erhofft, aber nichts fordert und nichts erwartet. Die Haltung von Menschen, die sich in keiner menschlichen Gesellschaft in Stand halten können, und von keiner gehalten werden. Wer, wenn nicht die Armen kann erfahren, daß der Mensch letztlich alles Gott verdankt?

Nein, es kann nicht Ziel einer Politik und einer Gesellschaft sein, alle Elenden, alle Armen zu "beseitigen", auf "hohes Niveau" zu heben, wie es der verruchte Sozialstaat versucht. Das geht bei vielen nicht, warum auch immer, und das soll bei vielen gar nicht geschehen, warum auch immer. Es kann nur ein sicheres Ziel geben, und das ist das Ziel der Kirche, der Mission: Diese Menschen anzuleiten, daß sie sich nicht ums ewige Heil bringen, denn jeder Außenseiter ist schwach und besonders sensibel für Versuchung.

Eine Mission also, die wieder und wieder aufrichtet, den Blick nach oben lenken lernt, lernt, daß es aufs Bemühen ankommt, wieder und wieder aufzustehen, damit sich die Seelen dieser Menschen nicht dem Elend, in das sie gelangt sind, angleicht, sich gar darin suhlt und "zufrieden" ist. Sondern die Not als Meißel der Chance begreift, die die Schale der Gnade so richtig tief ausgraben kann. Wenn das gelingt, können sie als Kerzen im Dunkel der allerehrwürdigsten Kathedrale richtig leuchten. Hinten, ganz hinten, beim Nischenaltar zum Heiligen Laurentius etwa.

Das wäre Armenseelsorge. Das wäre eine Aufgabe der Kirche. Die zu leicht damit an beiden Enden versagt: Bei den Armen und bei den Reichen, beide besonders gefährdete Seelengruppen. Mit ihren Sozialprogrammen sollen sich die wohlbesoldeten Gutmenschen der Kirchen ihre von Selbstzufriedenheit, verlogen in fünffach kostümierter Überheblichkeit und Eitelkeit stinkenden Ärsche abwischen.







*080219*