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Samstag, 19. November 2016

Prüfstein der Humanwissenschaften (2)

Teil 2) Der große unbekannte Gegenspieler, in dessen Händen aber alles liegt




Diese gewissermaßen chthonische, unterirdische, oft sogar unterbewußte Richtung der Menschen aber wird von den Solzialwissenschaften nicht erfaßt. Darin geht es auch anderen Humanwissenschaften nicht besser. Es ist etwa aus psychologischen Tests (Fragebogen) bekannt, daß sie in diesen Belangen nicht reproduzierbar sind, weil die Antworten der Probanden außerordentlich von der realen Situation abhängen, von den Fragenden, der Umgebung, dem gedacht Gesollten als von den Fragenden Vertretenen, usw. usf. Wenn der Leser also irgendwo auf einen Bericht stößt, daß "die Psychologie" herausgefunden habe, daß die Menschen so oder so dächten, so kann er diesen Bericht in der Regel sofort wieder vergessen, weil er praktisch nichts aussagt, schon gar nicht was er behauptet. 

Im Ernstfall handeln, vor allem aber denken und fühlen die Menschen oft völlig anders, geben bei Befragung aber das kund, von dem sie denken, daß es ihr Ansehen nicht gefährde oder gar steigere, und was der Frager wohl hören möchte. Sie formen also das angeblich nachträglich durch Auswertung entstehende Ergebnis eines Tests in der Antwort selbst bereits vor. Und das fällt bei einer fast ausschließlich links denkenden Sozialwissenschaft besonders leicht. Die eben - damit sind wir beim Artikel zurück - ihren Forschungsgegenstand zum einen nicht wirklich kennt, zum anderen aber ihre Forschung selbst als Teil eines moralischen Programms sieht, und so den Zweck hat, ihrer Anschauung zum Sieg zu verhelfen.

Womit die heutige Humanwissenschaft, ja überhaupt und vor allem die Naturwissenschaft nicht mehr rechnte, ist die ontologische Dimension der Welt. Sie geht ihrem sie bestimmenden materialistischen, funktionalistischen Mythos auf den Leim und verweigert die Relevanz der Metaphysik, indem sie meint, die Welt wäre ein für sich bestehender, unabhängiger Mechanismus. Sie verkennt damit die innere Verfaßtheit jedes Dings (als Objekt der Wissenschaft), die zuinnerst von einer geistigen Struktur - dem logos - getragen ist. Jedes Ding sucht deshalb sein Sein als Seiendes in einem Gleichklang mit dieser inneren (geistigen) Struktur, die die Dynamik der Trinität zum Gepräge hat. Und diese (mit aller Vorsicht begrifflich so zu fassende) Struktur bestimmt letztlich sein Sein in der Welt ALS Welt. Sie ist Geist, sie ist geistiger Natur, entzieht sich also einer materialistischen Naturwissenschaft auf jeden Fall, getragen von einer Metaphysik, die eben diesen Geist generell ablehnt. Menschlicher Geist wird von der heutigen evolutionistischen Wissenschaft als "Epiphänomen der Physis" gesehen. Wir haben darüber hier schon gehandelt.

Dies bedeutet auch, daß alles Dinghafte, alles was in der Welt und die Welt ist, zueinander in Beziehung steht, ja das das Wesen aller Dinge als Beziehung aufgefaßt werden muß. Die freilich in einem festen Kern verankert ist, auf den zu und von dem weg sie immer erst "ist". Ein Fehler, den übrigens Hegel** machte, der auch dieses "feste Sein" in die Welt hinein, also ins Faktische verlegte, dem nur deshalb Relevanz zukommt, weil letztlich alles "nur logisch" ablaufen kann, insofern also logos (=Vernunft, Wahrheit, Sinn, Bewegung auf-zu ...) in der Welt selbst ist. (Sein ist ein Tätigkeitswort, ein Aktivum. Was nicht tätig "ist" - also "isset" - zerfällt als es selbst ins Nichts. Den Menschen unterscheidet dabei von den übrigen Weltdingen, ob lebendig oder anorganisch, daß sein Wesen in seinem Geistigen Sein begründet ist. Er ist deshalb selbst eine Analogie zum logos, und er zerfällt, salopp formuliert, mit dem Irrtum, "isset" nur in und aus der Wahrheit.)

Damit wird sich alles - und nicht weniger der Mensch, wenn auch dieser kurz- oder mittlefristig die Möglichkeit hat, sich GEGEN diese Struktur zu entscheiden, soweit er sich in dieser Entscheidung überhaupt besitzt, sich also selbst direkt beeinflussen kann - immer nach einem logos richten, und sich erst aus diesem logos überhaupt verstehen lassen. In einem Verstehen, das über beschränkte, reduzierte Abläufe (Mechanik) hinausgeht. Deshalb spricht ja die Atomphysik nur noch von Wahrscheinlichkeiten, denn sie trifft auf Beobachtetes, das die Materie in ihren kleinsten Teilen dieser "newtonschen" Ablaufstarre gar nicht unterliegt.

Diese große Ignorierte aber ist der absolute Geist, ist - Gott, das absolute Sein selbst, ohne das kein Sein der Welt gedacht werden kann. Nicht als religiöses Dogma, sondern aus logischen Gründen. Eine Wissenschaft, die sich also bewußt von diesem (nicht direkt sichtbaren) alles aber prägenden Geist (logos alles welthaften logos, Urbild aller Logik der Welt) abwendet, sich auf das Sichtbare beschränkt, und daraus seine Gesetze abzuleiten versucht, wird also den eigentlichsten Bereich der Welt (und erst recht den Menschen) nicht mehr verstehen können. Sie hat nur die Chance, diese Dinghaftigkeit - auch beim Menschen - in eine Laborsituation festzuklemmen, alle Bedingungen seines Seins als Daseiendes somit zu bestimmen. (Was übrigens nicht einmal der Atomphysik gelingt.)

Das social engineering ist direkt damit verquickt: Es will die Bedingungen beherrschen, unter denen der Mensch lebt, um ihn dadurch reduktiv und steuerbar zu machen. Das kann freilich aus angerissenen Gründen gar nie gelingen, darin irrt also die Humanwissenschaft fundamental. Sie wird also nie zu ihrem Ziel gelangen, sie wird es aber über Kurz- oder Mittelfrist tatsächlich und recht weitgehend simulieren können. Und aus diesen Kurzfristergebnissen oft sogar den Fehlschluß ziehen, daß sie die Kriterien des Menschseins tatsächlich kennt weil beherrscht. Mit fatalen Folgen.




Morgen Teil 3) Moralische Urteile als Forschungskriterien






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