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Sonntag, 6. November 2016

Woran Afrika verarmte

Seit 100 Jahren glaubt man weltweit, daß die beobachtete Desertifikation von Grasland durch das Abfressen durch Tiere verursacht wird. Den Rest erledigt dann noch die Sonne. Gerade in Afrika schien sich das bestätigt zu haben, wo man massiv etwa gegen Elefanten vorging und sie zu zehntausenden abschoß, um die Austrockung des Graslandes zu verhindern. Der Ökologe Alan Savory war derselben Meinung, wie es eben die meisten Ökologen bis heute sind, und war an mehreren solcher vermeintlichen Hilfsprojekte beteiligt, die enormen Blutzoll in der Tierwelt kosteten. Bis er nachzudenken begann, einen komplett anderen Weg probierte und auf ein Ergebnis kam, das das bisherige Denken auf den Kopf stellte.

Savory fiel natürlich auf, daß unbeweidetes Grasland mit der Zeit seine Vegetationsschichte verlor. Das Gras blieb über die Vegetationspause stehen, faulte ab, und über kurz oder lang konnte kein junges Gras mehr nachwachsen. Hoch kamen bestenfalls noch Büsche (wie Udo Pollmer ergänzend berichtet). Das einzige Gegenmittel war das Abbrennen. In Afrika werden heute noch jährlich 1 Milliarde Hektar trockenes, nicht mehr von Tieren genutztes Grasland abgefackelt. Eine nicht gerade schonende Methode, die außerdem den Austrocknung- und Bodenerosionssprozeß nicht verhindern konnte.

Mit dem Verlust der Grasnabe, mit dem Aufkommen der Büsche aber steigt auch die Zahl der TseTse-Fliegen (Malaria), denn im Gras zuvor hatten sie sich nur schlecht entwickeln können. Savory war aufgefallen, daß sogar gerade staatlich geschützte Gebiete wie Naturparks von der Austrockung betroffen war. Dort wie überall sonst war vor allem eines aber auffällig: Die staatliche Bewirtschaftung ging einher mit einem Stop für die frühere natürliche Besiedelung der Landschaften durch oft riesige Tierherden. Die Austrockung schrieb man eben dem Klimawandel zu. Nur - war und ist das wirklich so?

Savory initiierte also ein völlig anderes Programm. Er begann, zusammen mit den Einheimischen die frühere dichte Bevölkerung durch Tierherden insofern nachzubilden, als er nunmehr wirtschaftlich nutzbare Weidebewirtschaftung einführte. Und sieh da - auf mittlerweile 30 Mio Hektar früher trockener Grassteppe (die oft schon Wüsten waren) begann ein Wunder, das Udo Pollmer so erklärt: Die Tiere fressen nicht nur das Gras, sodaß Platz wird für die nächste  nachwachsende Generation, sondern sie düngen zugleich den Boden. Gleichzeitig beginnt der Boden wieder den oft spärlichen Regen zu halten und in die Erde zu leiten. Damit ist auch der Erosion ein Riegel vorgeschoben. Binnen weniger Jahre wird so aus unfruchtbarer, verwüsteter Steppe wieder fruchtbares, grünes Weideland, das noch dazu Fleisch liefert, sodaß die Grundbesitzer wieder eine Lebensbasis haben. Den Verweis auf das CO2, das diese Pflanzen der Luft entziehen, sodaß der Klimawandel umgekehrt werden könne, wie er meint, weil er auch sagt, daß die Hälfte des Klimawandels durch direkte menschliche Eingriffe über die Landwirtschaft verursacht sind, wollen wir diesmal irgendwie überhören.

Denn ansonsten ist es eine schöne Geschichte: Man muß nämlich oft nur anders denken.

Freilich finden das herkömmliche Umweltschützer nicht. Schon gar nicht wenn Savory sagt, daß er glaubt, daß große Teile der Menschheit (zwei Drittel der Erde sind Steppe, Grasland) nur über Fleisch ernährt werden können. Denn man stelle sich vor - sogar die vegane Weltrettungsreligion wird damit angegriffen!

Zum Schluß noch Udo Pollmer mit einem Stück Wirtschaftsgeschichte direkt:

"Der Schwarze Kontinent ist ein anschauliches Beispiel für den Wert der Weiden. Unser Bild von Afrika prägen weite Savannen durch die riesige Herden ziehen - wie die Serengeti oder der Krüger-Nationalpark. Doch vor Ankunft des weißen Mannes gab es diese Landschaften nicht. Die Parks sind genauso künstlich wie der Englische Garten in München.

Das Unheil begann um 1889 mit der Invasion der Italiener in Eritrea. Die Soldaten brachten mit ihren Ochsengespannen nicht nur Kanonen nach Afrika, einige Zugtiere trugen ein Virus in sich: den Erreger der Rinderpest. Die Folgen waren verheerend. Innerhalb von fünf Jahren erreichte das Virus Westafrika, zehn Jahre später Südafrika. Das bedeutete das Ende der afrikanischen Königreiche, deren Reichtum sie den Rindern verdankten. Der Wohlstand war für immer dahin.

Das öffnete den Kolonialherren Tür und Tor, denn die verarmten Rinderhirten hatten ihre Lebensgrundlage, Fleisch und Milch verloren und mussten sich nun wohl oder übel beim weißen Mann verdingen, um nicht zu verhungern. Europa hat es letztlich der Rinderpest zu verdanken, dass ihm Tansania, Kenia und Südwestafrika ohne ernstzunehmenden Widerstand in die Hände fiel.

Doch ein Tier profitierte von der Seuche: die Tsetse-Fliege, die mit ihrem Stich die tödliche Schlafkrankheit überträgt. Nachdem die Rinderherden verschwunden waren, verbuschten die Weidegründe und es entstand die Savannenlandschaft mit ihrem dornigen Gestrüpp. Dort fand die Tsetse-Fliege Unterschlupf. Ganze Landstriche wurden nun durch die Schlafkrankheit entvölkert.

In Afrika gibt es heute zwei Ökosysteme: Das eine, einst geschaffen von Hirten, in denen Rinder den Busch kurz halten und die Tsetse-Fliege keine Chance hat. Und das andere, geschaffen von Kolonialherren und erhalten von Naturschützern, in denen Wildtiere, Buschland und die Schlafkrankheit gedeihen."









*200916*