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Freitag, 16. August 2019

Dank den Vätern Österreichs! (1)

Eines muß man der Verfassung Österreichs lassen: Sie ist von ihrem staatsrechtlichen Denken her so gut gebaut, daß es tatsächlich noch keinen Fall seit 1945 gab, der sie hätte sprengen können. Es war selbst möglich das Chaos vom Ende Mai zu lösen, wo es innerhalb von zwei Wochen zu drei Regierungen kam.

Wer sich die Männer ansieht, die damals in die Diskussionen um die Verfassung eingeschaltet waren, versteht auch warum. Es waren sämtlich Männer, die vor der Situation standen, daß das, was einzig ein Volk stabil halten kann - die Monarchie, die monarchische Struktur - unter den neuen Prämissen (und unter dem Diktat des Völkerbundes, der das 1919 verbot) nicht mehr möglich war. Also versuchten sie, die inneren Strukturen der Monarchie nachzubilden, und damit auf jeden Fall ein Chaos zu vermeiden, das ohne Monarchie zweifellos ausbrechen würde. Und dann (Stichwort "Diktatur") zu Gewaltstrukturen führt, die wieder dasselbe machen: Eine Monarchie nachbilden, der aber die Legitimität fehlt. 

So erklärt sich die dem König (Kaiser) ähnliche Stellung des Bundespräsidenten in Österreich, die diesem schon kraft der Struktur, auf die er sich berufen kann und sogar muß (!), die auch in solchen bewegten Tagen "für alles" eine Lösung parat hält. Wenn man heute also die letztlich wirklich ruhige Entwicklung ansieht, die Österreich Ende Mai trotz allem nahm, auf die Person Alexanders von der Bellen zurückführt, so zeigt sich nur der Verblödungs- und Unbildungsgrad der Menschen. Van der Bellen hat nichts davon "geleistet".*

Vielmehr muß man sogar sagen, daß wo immer er Persönliches einbrachte, die Sache stinkt - wie bei der Lösung, einen weiblichen Interimskanzler zu installieren. Was bestenfalls noch mit dem althergebrachten Volksrecht sanfter beurteilt werden kann, daß Frauen, Mütter, Ehefrauen, Witwen von Monarchen, den Thron in der Zeit der Abwesenheit eines Monarchen erstens ganz im Sinne des Mannes fortführen, zweitens aber nur "freizuhalten" hatten, bis der oder ein Monarch wiedergefunden oder zurückgekehrt war. Und exakt das hat Frau Brigitte Bierlein zu leisten: Den Stuhl stellvertretend bereithalten, bis der nächste Kanzler gewählt ist, und ihn in der Zwischenzeit niemand besetzen kann.² 

Das ist im alten Herzogs- und Königsrecht der deutschen Völker, also auch der Bayern (und das heutige Österreich ist zur Gänze - außer dem Burgenland - ursprünglich bayrisches Gebiet gewesen) sogar bildlich gesehen worden. Man denke an das alte Kärnten. Da steht im Zolllfeld in der Nähe des Magdalensbergs, der ältesten und ersten Hauptstadt des Herzogtums Kärnten (dessen Herzogshaus mit Arnulf sogar einen deutschen Kaiser stellte), noch heute der uralte, steinerne Herzogsstuhl: Ein (immer gewählter, zumindest der Zustimmung der Volksvertreter und Stammeshäupter unterliegende) Herzog hatte zur Inbesitznahme des Amtes den Stuhl drei Tage (wörtlich) "zu besetzen". Dann "besaß" er das Herzogtum. Und Besitz heißt nicht "absolutes Eigentum". Besitz heißt auch nach heutigem Recht nur "Verfügungs- oder Nutzungsrecht".

Wobei dieses heutige Recht immer noch das "ersessene Eigentum" kennt. Und auch in der deutschen Krönungszeremonie hatte die Stuhlergreifung ihren besonderen liturgischen Rang. Der König, der Kaiser war erst Kaiser oder König (etc.), wenn er "am Stuhl", also "inthronisiert" war. Thronus ... klingelt es? 

Wie heute also noch. Die Assoziationen fliegen dabei, die die Ahnung voller machen: Nicht nur bei Königen, auch bei einem Bischof, ja bei einem Papst spielt das reale Sitzen seine ungebrochene Rolle. Man denke noch weiter, denke an "ex cathedra", also "vom Stuhle aus". Sogar der Papst hatte sich sein Amt "zu ersitzen", diesen "Stuhl Petri" - und man kennt vom päpstlichen Zeremoniell die "sedes gestatoria", der Stuhl, auf dem der Papst getragen wurde oder einige Zeit zu sitzen hatte. Und jeder Katholik kennt sein Glaubensbekenntnis: "Sedet ad dexteram Patri" - "Sitzet zur Rechten des Vaters, von dort wird er kommen ..." usw. usf. Sitzen ist mehr als seine fleischbehangenen Knochen niederzufletschen ...

Oder man denke an den historischen Umstand und seine Implikationen, zusammen mit dem Größenwahnsinn, der in der Renaissance einsetzte. Man denke daran, daß man erst ab hier saß. Ja es ist ein Merkmal der Neuzeit, daß man nun allgemein "saß". Es ist noch relativ jung, daß in der Kirche gesessen wird. Auch das ist eine Vorbereitung des Zweiten Vatikanums und der ihm folgenden Liturgiereform, die alle diese inneren geistigen Wege in Zement goß. Vorher "saß" nur der Oberste, der König, Fürst, Leitende, Prälat etc. Es sei aber alles nur noch nebenbei erwähnt, denn wir schweifen wie üblich wieder einmal unzulässig ab.

Zurück. Nicht mehr als diese Stuhlwahrung hat auch diese gesamte "Regierung" zu bedeuten, die eben das nicht ist, als was sie verkauft wird, Regierung. Sie hält die Stühle warm. Bis eine Regierung wieder besteht und gewählt wurde. Jede Wette - sie wird sich nicht darauf beschränken ...

  
Morgen Teil 2) Sedet ad dexteram patris