Teil 4)
Hier
 macht sich ein nächster Punkt kund, an dem Peterson sich widerspricht. 
Wobei dieser Widerspruch an dieser Stelle durchaus wie ein "Weg auf - 
zu" wirkt, eingestanden. Denn wer "auf etwas zu" geht, ist zuerst vom 
Ziel ergriffen, um dann nach und nach seine Einzelteile darauf hin 
auszurichten. Lassen wir das so stehen. Denn wenn er zurecht 
kritisiert, daß er an dem Satz, daß Religion eine Illusion, daß sie 
"Opium für die Massen" sei, nicht sehr überzeugend finde. Denn gerade 
das Christentum predige ja die Verderbtheit der Menschen, predige die 
Erbsünde, predige sogar, wie schmal der Weg in den Himmel (das einzige,
 was man als Utopie durchgehen lassen kann) sei. Würde er, Peterson, 
Opium verteilen, würde er allen High Life und Wegfall der Erbsünde 
predigen! (Naja, klingt nicht wirklich überzeugend, sagt der VdZ.)
Es
 gehe dem Marxismus aber darum, führt Peterson aus, durch 
Religionskritik die Menschen von dieser Illusion zu befreien, auf daß 
sie sich selbst wie eine Sonne umkreisten. Klingt das nicht wie 
pathologischer Narzißmus? Macht das Kreisen um sich selbst glücklich? 
Ist es nicht anders, daß jeder um "etwas anderes", um einen Anspruch, 
eine Idee, eine Aufgabe kreisen möchte, gebraucht wird, sich in etwas 
investieren, sich an eine Sache hingeben kann?
Die 
Welt, so Peterson, ist eingebettet in den Traum. Poesie, Träume sind 
aber das Geburtsbett des Denkens. Das heißt, daß sich das Denken aus 
diesem Konglomerat an Gefühlen, Emotionen, Konflikten erhebt, und damit 
die Erfahrung über die Struktur der Welt enthält. Wer keine Träume (und 
Poesie) hat, wer davon ferngehalten wird (siehe: die Folter des 
Schlafentzugs), verliert buchstäblich seinen Verstand. Da wollen wir nix
 Gegenteiliges dazu sagen, das ist so. Das läßt sich sogar an Tieren 
zeigen. Der Mensch MUSZ träumen (können).
Das kann, ja 
muß auch widersprüchlich sein, so wie wir eben aufs erste als 
"Schaltstelle der faktischen Welt" eben sind. An deren Grenze die Poesie
 steht, als Vorstufe zur voll artikulierten Gedankenwelt. Hier tritt der
 Traum erstmals in die Stufe der Artikuliertheit, also des vollen 
Denkens.
Das führt Peterson in nämlichem Vortrag 
folgerichtig zur Frage, ob er selber an Gott glaube. Und in der 
Vorsicht, in der er sich zu dieser Frage äußert, wollen wir ihm denn 
doch zustimmen. Denn auch dem VdZ ist es seltsam zumute, wenn ihm 
Personen begegnen die sagen, sie würden "glauben". Wo, wann der Horizont
 hoch genug ist, in dem das Bewußtsein sagen kann, daß es "vom Glauben 
geprägt" sein, der Mensch also "glaube", kann er kaum beantworten. Es 
wäre auf jeden Fall in seines Handeln und Reden und Denken zu suchen. 
Als Fußabdrücke dessen, was man für wirklich hält. (Kardinal Newman sagt 
deshalb einmal so richtig, daß er überall dort, wo er sündige, zeige, 
daß er nicht glaube.)
Aber ansonsten bleibt der alte Spruch des VdZ: "Ins Bewußtsein steigt, was fehlt."
 Wer "glaubt" sagt im Grunde nur, daß er "glauben will". So wichtig 
dieser Wille ist, so große Vorsicht sollte man vor so manchen walten 
lassen, die da lauthals vor sich herposaunen, daß sie "glaubten". Und 
vielleicht sogar noch zu jenen gehörten, die die konkrete Kirche 
handfest kritisierten, die es aber doch war die ihnen (wenn, dann ...) 
gab, was sie bei der Taufe von ihr erbeten haben: Den Glauben! Peterson 
hat schon recht, wenn er deshalb sagt, daß das, was man sagt, nicht immer 
das ist, was man glaubt. Das drückt sich eher in eines Handlungen aus. 
Wer glaubt handelt aber immerhin zumindest "als ob" er Gott für eine 
Wirklichkeit hielte. Wer glaubt ist der, der ständig mit Gott ringt, wie
 Jakob in der biblischen Erzählung. "Israel" heißt ja nichts anderes: 
Der, der mit Gott ringt!
Nur mit dem "als ob" kommt man
 also nicht weit, und zwar in der Macht in der Psyche. Es braucht die 
reale Erfahrung. Es verwundert eigentlich, daß Peterson das noch nicht 
bemerkt hat, daß es sich in seinem Denken nicht auswirkt. Es ist nicht 
"gleichgültig", ob es Gott gibt oder nicht, und man ist nicht schon 
besser dran, wenn man ihn zumindest nicht ausschließt. Das Entscheidende
 an der "Idee Gott" ist etwas anderes. Es ist ... die 
Geschichtsmächtigkeit. Selbst als Idee wäre Gott wertlos, das müßte der 
Psychoanalytiker wissen. 
Es ist deshalb keineswegs gleichgültig, ob die 
Bibel "Metaphern", "psychoanalytische Archetypen" oder "reales, 
geschichtliches Geschehen" erzählt. Ohne Geschichtlichkeit wäre Gott 
tatsächlich nur eine wirkungslose Idee! Und der Unterschied darin drückt
 sich direkt in der menschlichen Psyche und in eines Denken aus. Das 
seine Fundamente in der Realität hat, also - in der Geschichte. Denn von
 dort erst kommen die Gedanken. Ohne Historizität bleibt alles 
tatsächlich nur Vision, Illusion, dann hätte Marx (beziehungsweise Feuerbach, auf 
den sich Marx ja bezieht) Recht gehabt. Dieser Unterschied soll sich 
nicht im Denken in der psychischen Struktur als dessen Basis auswirken? 
Genau das läßt sich sogar nachweisen. Im Gedankengebäude eines Menschen 
zeigt sich alles. Auch das.
Morgen Teil 5)
*040719*
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