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Dienstag, 13. August 2019

Frog boiling - Umprogrammierung zur Diktatur (2)

Teil 2) Freiheit außer für die Feinde der Freiheit


Wörtlich meinte er, daß es darum gehe, "die Menschen umzuprogrammieren". Damit könne verhindert werden, daß weiter reaktionäre oder faschistische Positionen verteidigt würden. Wer solche Meinungen vertrete habe kein Recht auf Rede-, Meinungs- oder Pressefreiheit, denn diese Menschen stellten sich dem gesetzmäßigen Gang der Geschichte (Hegel, Marx) entgegen. Erst am Ende der Geschichte stehe ein Zustand wahrer Freiheit. Dann könnten auch alle Restriktionen wieder aufgehoben werden. Wenn alle somit gleich = fortschrittlich, "gut" dächten.

Diese Haltung hat eine lange Tradition, und wenn sie sich auch erstmal so explizit bei Rousseau findet (wir haben an dieser Stelle bereits darüber geschrieben, daß Rousseau persönlich wie in seinen Schriften auf verblüffende Weise ALLES vorwegnimmt, was wir als "heutigen, modernen Menschen" sehen), so hat sie ihre realen Wurzeln in der Französischen Revolution, ihr Vorbild im Tugendterror der Jakobiner, die das Volk der Franzosen zu einer "guten Gesellschaft" umbauen wollten. Die Freiheit des Bürgers ist minderwertig, verglichen mit der hochwertigen Freiheit, die im Zustand der vollendeten Utopie vorhanden sein würde. Das war der Freibrief, um tausende und abertausende aufs Schafott zu schicken. Denn irgendjemand mußte natürlich bestimmen, wer der "Feind der Freiheit" auch ist. Und das bestimmte die neue Moral-Elite. Freies Rederecht galt dabei nur für die eigenen Leute.

Parallel zu dieser Bewegung, die sich im Zuge der 1968er manifestierte (die, wie wir mehrfach schon betont haben, in ihren Anfängen einen wahren Kern hatte, der aber dann von der Linken okkupiert wurde), setzte die systematische Verfolgung aller Nicht-Linken ein. Durch Verleumdungen und Druck, der ihre "Unmoral" beweisen sollte, die ihnen jedes Recht auf Mitsprache und -gestaltung absprach. Als Marcuse merkte, was er da initiiert, wozu er da die theoretische Grundlagenarbeit geleistet hatte, wollte er zurückrudern - und wurde selbst zum Opfer dieser längst etablierten Meinung.

Wir haben es seit zwanzig Jahren ganz deutlich mit einer Klassenherrschaft zu tun, sagt Weißmann. Einer Herrschaft derjenigen, die über die Medien verfügen und alle zum Verstummen bringen, die andere Positionen als sie vertreten. Dabei geht es um viel Geld, um Macht, um Geltung. Einer Schichte, die abgesehen von Meinungsmache nichts können und deshalb umso verbissener auf dieses Herrschaftsinstrument setzen "müssen", wollen sie ihre Positionen halten. Im Zusammenspiel mit der Politik, die ähnliche Voraussetzungen hat, hat sich mittlerweile ein medial-politischer Komplex gebildet, wo Staat und Zivilgesellschaft Hand in Hand arbeiten und ein Machtinstrumentarium geschaffen haben, das auf herkömmliche Diskursbedingungen - Demokratie! - insofern verzichtet, als sie sich immer dreister im Recht sieht, im Nahem der höheren Moral (unter Mißbrauch von Begriffen wie Menschenrechte, Vielfalt, Humanität etc.) jeden institutionellen politischen Weg auszuschalten und zu übergehen. 

Mit großem Erfolg hat sie so der Mehrheit der einfachen Bevölkerung jedes Mittel aus der Hand genommen, ihre Ansichten zur Geltung zu bringen, wollen sie nicht als die "öffentlich Geächteten" dastehen. Aber anders als Marcuse, der aus seinen Zielsetzungen nie ein Hehl machte, werden die Ziele dieser Machteliten verborgen und verheimlicht. Sie treten unter scheinbar rein "sachlichen" Geboten auf - die Klimarettung sei einmal mehr genannt, die sich zum wahrlich bedrohlichen Hebel entwickelt hat, die jede demokratische Institution mittlerweile überrennt und übergeht, nur noch als posthoc-Rechtfertigung heranzieht, sofern das nützlich ist.  

Einer der Proponenten dieser Entwicklung, Jürgen Habermas, hat schon 2015 öffentlich geäußert, daß man systematisch an der "Entthematisierung" aller jener Themen arbeiten müsse, die "die Rechten" (und mit diesen ein großer Teil der Bevölkerung) als Thema betrachte. Keine Diskussion über die Selbstzerstörung Europas, keine Diskussion über Zuwanderung, wachsende Kriminalität, Verfall der inneren Sicherheit, keine Diskussion über demographische Entwicklung, und keine Diskussion über Dekadenz. Thema um Thema aus dem Wertekreis der "bürgerlichen Mehrheit" wurden auf diese Weise aufgestellt und der Normalbürger regelrecht von Denkverboten umstellt. In denen eine zu habende Meinung herrscht, die sämtlichen seiner bisherigen, ja man muß sagen: sämtlicher seiner natürlichen Regungen widerspricht. 

Habermas hat rascher als Marcuse begriffen, daß das offene Reden über Revolution, Sozialismus in unserer offenen Gesellschaft kaum zum Ziel führen wird. Deshalb wurde unsere Gesellschaft auch umdefiniert, zu einer "entgegenkommenden Kultur" (die in Wahrheit eine gegen revolutionäre Bestrebungen wehrlose Gesellschaft ist)** umbenannt, die ausdrücklich der eigentliche Sinn des Grundgesetzes sein soll. Dahinter aber verbirgt sich etwas ganz anderes, das durch "richtige (aber umgedeutete) Begriffe" noch mehr verdunkelt wird. Denn wer wollte sogar dagegen etwas sagen, daß sich Gemeinwohl nur unter Herstellung eines "allgemeinen, deckungsgleichen Bewußtseins" erreichen lasse? Der Haken liegt freilich in der "Herstellung". 

Jede Zulassung tatsächlich kontroverser Meinungen im öffentlichen Raum sind auf diesem Weg eine Machtminderung und Verhinderung. Sie müssen deshalb unterbunden werden. Und tun es heute enorm effektiv durch vorgegebenen "Zeitdruck": Ein Problem (Klimakatastrophe) sei so drängend, daß keine Zeit mehr bestünde, es auch noch kontrovers zu diskutieren, andere zu überzeugen. Vielmehr sei es im Sinne effizienter Problembewältigung angebracht, jeden verzögernden Effekt, jeden Störenfried auszuschalten. 

Ein öffentlicher Diskurs aber, der Teile der Bevölkerung ausschließt, ist gar kein öffentlicher Diskurs mehr. Was Habermas selbst so ausgedrückt hat, trifft heute zu. Er selbst hat es freilich nur in den 1960ern formuliert, als sich die Linke noch in einer Minderheitenposition befand. Heute hat man die Position deshalb gewechselt. Die Rede der Linken von "mehr Toleranz", "mehr Freiheit", "mehr individueller Selbstbestimmung" muß deshalb als das benannt werden, was sie ist: UNREDLICH. Sie soll nur der Linken dienen, mißliebige Meinungen, sofern sie noch bestehen, zu überlagern und zu verdrängen und letztlich zu verändern. Hier werden lediglich Machtverhältnisse verschleiert. Und das ist keineswegs neu. Es ist Teil der Machtstrategie der Linken, seit es sie gibt. Und das heißt: Seit tausenden von Jahren. Als Subversionsstrategie gesellschaftlicher Minderheiten, mit der sie die Mehrheiten unterminieren und letztlich überwinden möchte.

Deshalb braucht die Gegenwehr gegen solche Subversion auch ein "hartes Gesicht". Es braucht Mut und Entschlossenheit, sich gegen etwas zur Wehr zu setzen, das mit geschickter schizoider Taktik dazu führen soll, Tatsachen zu schaffen.






**Hier offenbart sich einmal mehr die fatale Grundschwäche liberaler Gesellschaften. Die nur unter Rückgriff auf bestehende Wertegefüge "funktionieren", und nur so lange - und ansonsten hilflos sind, und Angriffen auf sie nur mit Willkür begegnen kann. "Keine Toleranz den Intoleranten" ist einer der dafür so typischen Leitsprüche, die mit der Schwammigkeit der Begriffe operieren, die eine wirkliche diskursive Verankerung gar nicht möglich machen. Sondern zum Gegenteil in der bloß subjektiven Vorstellung von geglücktem Leben gründen - also sich derselben Grundlage bedienen, wie es ja auch die Linken tun, ohne das aber wirklich abgrenzen zu können, weil das Menschenbild dahinter völlig identisch ist.