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Montag, 19. August 2019

Den Henker selbst geboren (1)

Wie wehrlos die liberale Gesellschaft gegen das linke Gedankengut wirklich ist, zeigt dieser Vortrag, direkt wie indirekt. Marc Jongen von der AfD bezieht sich auf den scheinbar verblüffenden Umstand, daß sich linkes, extremes Gedankengut in die liberalsten Einrichtungen eingeschlichen hat. Und zwar unter Rückgriff auf Werte, die wir der Aufklärung "verdanken" und doch eigentlich die liberale Gesellschaft grundlegen sollten. Heute dienen diese selben Werte den Linken! Ein solcher Vortrag würde sich also viel leichter tun, wenn er sich dessen bewußt wäre, daß sowohl die Aufklärung wie auch der Liberalismus keineswegs in der Tradition von Freiheit standen und stehen. Vielmehr sind sie nur verstehbar, wenn man sie in ihren ökonomischen (sic!) Wurzeln begreift. Wo sich eine Form von Kapitalismus, in der sich Macht und Kapital in der Hand von immer Wenigeren konzentriert.

Der von allem Anfang an nicht auf einem "freien Markt", sondern auf der brutalen Durchsetzung einiger auf Kosten vieler, nein, auf Kosten des Gemeinwohls aufgebaut war. Der das Reden von Freiheit nur zum moralischen Deckmäntelchen benutzte, mit dem erst einmal die Garantin der Freiheit weil Wahrheit - die katholische Kirche - ausgehebelt und schließlich verdrängt ("Trennung Kirche und Staat - Religion als Privatsache") wurde, um dann die Tünche der "nun jedem möglichen Freiheit" überzupinseln. Dazu hat sich der Kapitalismus schamlos des Staates bedient, dem er hinwiederum mit Geld und Kredit zur Verfügung stand, so daß eine Hand die andere wusch, immer aber auf Kosten des Gemeinwohls und der Allgemeinheit der kleinen Bürger.

Jongen zeigt damit auch die fundamentale Schwäche von Bewegungen wie der AfD. Deren Argumentation eben auch nur so weit reicht, als es ihre Interessen betrifft.  Eine substantielle, wirklich durchgedachte Gesellschaftstheorie existiert nicht. Nur auf der Grundlage einer solchen aber wäre eine wirkliche politische Erneuerung - nicht als Revolution, sondern als "Re-Form-action" im besten Sinn - möglich. So lange das nicht besteht, so lange das Gedankengut auch der Oppositionskräfte in unseren Ländern aber auf liberaler Weltanschauung beruht, wird sie zumindest mittel- und langfristig ihre Begründung verlieren. Sie ist dann nicht viel mehr als eine Form, wie halt manche doch gerne dies oder das sich wünschten, also gewaschen werden wollen, ohne naß zu werden.

Und immerhin sieht Jongen das sehr richtig. Daß nämlich die liberalen Gesellschaften aus sich selbst heraus jene Dämonen zu gebären scheinen, die sie am Ende selbst gefährden oder gar liquidieren. Baut aber dann genau jenes Politikbild auf, das der Liberalismus der Aufklärung verfolgt. Der da meint, Diskurs sei eine Sache der bloßen individuellen Ratio, eine Art Rechen- oder Summenspiel. Zu dem es vor allem eines brauche: Freiheit der Sprache, Freiheit der Rede.  Dann, so das aufklärerische Ideal, wäre jeder in der Lage, egal welche Position zu erlangen, es hänge nur von ihm ab.


 Morgen Teil 2) Will die AfD wirklich nur den besseren Liberalismus?