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Samstag, 3. August 2019

Ein möglicher, vielleicht der einzige realistische Ausweg

Jeder (geographische) Ort dieser Welt bietet dem Menschen Möglichkeiten, sein Leben zu bestreiten. Immer wieder ist es faszinierend zu sehen, wie selbst an Orten, die heute als arm gelten, von denen es heute heißt, sie würden den Menschen keine Lebensgrundlage mehr bieten, schon bei einem leichten Kratzen an der (historischen) Oberfläche festgestellt werden kann, wie das sehr wohl immer möglich war und auch heute noch wäre - wäre das System der Wirtschaft lokalisiert, ent-globalisiert. Hätte also die Politik ihre Aufgabe gemacht und die Menschen in ihren Lebensräumen und in ihrem Lebensstil geschützt.

Einen kleinen Hinweis in diese Richtung eines menschenwürdigen Arbeitens, Lebens und Wirtschaftens gibt ein mittlerweile weltweit bekanntes Pilotprojekt des amerikanischen Farmers Joel Salatin. Dessen Vater vor 30 Jahren die heruntergekommenste, ausgelutschteste, mißbrauchteste Farm kaufte, die in diesem Ort angeboten wurde, und sie dann seinem Sohn übergab. Willst Du hier leben, hatte er diesen gefragt? Ja, war die Antwort. Dann werde ich ihn Dir geben. Der Sohn hat sie gegen jede Prognose der Nachbarn zu einem extrem prosperierenden Ort gemacht. Von dem heute nicht nur dutzende Menschen quer durch alle Generationen leben, sondern der vor allem tausende (!) Menschen durch seine Produkte ernährt.

Das ist auch einer der schönsten, vor allem aber bedeutendsten Faktoren dieser Art zu wirtschaften: Rund um diese Farm ist mit den Jahren eine riesige Solidargemeinschaft entstanden. Das ist das wirkliche Ferment, das eine Volkswirtschaft treibt und sich entwickeln läßt. Man braucht einander, man kauft voneinander, man arbeitet füreinander. Selbst das Gasthaus bietet an, was an Produkten gerade angeliefert werden kann. Salatin nennt es "Beziehungsmarketing".

40 Prozent seiner Umsätze erzielt Salatin durch den Hofverkauf. Daneben sind noch Bauernmärkte von Bedeutung, von denen die Erfahrung zeigt, daß sie auch einen gewissen "Freizeitwert" haben, auf dem man eingehen muß. Was natürlich auch für den Hofverkauf gilt, wo Salatin Führungen und Rundfahrten anbietet.

Ein interessanter Gedanke sei dabei herausgehoben: Salatin beliefert mittlerweile 40 Restaurants, die 40 Prozent seines Verkaufsumsatzes bedeuten. Dabei gibt er keine Mengenrabatte, denn Qualität ist keine Frage der Menge, und deshalb kann höhere Menge nicht niedrigeren Preis bedeuten. Außerdem wäre es ein Affront gegenüber seinen anderen Kunden, hier billiger als dort anzubieten. Also kann der Kunde nur dort sparen, wo auch Kosten und Aufwand daraus entstehen, und das ist die Anlieferung: In Lieferrhythmen, oder in Bestellmengen als Reduktion bei den Lieferkosten. Dafür werden diese Kosten nicht allen übrigen Kunden berechnet, das ist nämlich im Grunde immer der Fall: Man kann kostenlos liefern, weil man die Kosten über die generellen Aufschläge deckt. Es braucht also nur eine andere Art zu kalkulieren.

Dasselbe System wurde damit auch interessant für "Käufer-Clubs" in Städten. Wo sich mehrere Familien zusammentun und dann in größeren Mengen bestellen, so Lieferkosten sparen, aber dennoch die besten Produkte zu normalen Preisen haben können.

In allen Bereichen der durch alle Bereiche genutzten Farm - mit dem obersten Prinzip: Der Schaffung von Wert (oder Mehrwert) - wurden also Methoden entwickelt, die oft sogar zu simpel scheinen, aber eine weit intensivere Ausnützung sämtlicher Ressourcen ermöglichen. Alles wird genützt. Und alleine das System der kombinierten Hühnermast/Rinderzucht hat durchaus Charme. Hier kann sogar der Großvater noch produktiv mitwirken oder seine Selbsterhaltungsfähigkeit erhalten, ohne daß er dem Haupterwerb des Landwirtes etwas nimmt, im Gegenteil. Die Farm ist also eine einzige Symbiose. Die beste Ökologie ist auch die beste Ökonomie, heißt es dazu. Beides arbeitet jeweils im selben Sinn, findet sich zur Synergie. Damit so ein System stabil bleibt, ist solche Vielfalt sogar Voraussetzung.

Bei allem wurde darauf geachtet, daß es auch arbeitsökonomisch so effizient wie möglich bleibt. Und daß die Produkte schmecken und sich gut verkaufen lassen. Das Salatinsche Modell ist nämlich auch ein Geschäftsmodell. Das ganz nebenbei eine wunderschöne Kulturlandschaft hervorbringt, selbst in der Waldbewirtschaftung.

Und wie kam die Sache in Gang? Salatin wollte einfach diesen Ort zu SEINEM Lebensort machen, der ihm von Gott übergeben wurde, und den er diesem Auftrag entsprechend zur Ehre Gottes klug zu bewirtschaften und zu hegen hatte. Und dieser Ort befindet sich wiederum in einem umgebenden Ort, und so weiter. So alleine bilden sich lebendige, allen nützliche Lebensräume. Ja, nur so haben sich Völker gebildet.

Salatin hat ganz einfach jene ganz natürlichen Kreisläufe aktiviert, die das Land und seine auf ihm wohnenden Lebewesen von sich aus anboten, und die allem dort Lebenden ein sinnerfülltes, also seiner Bestimmung gemäßes, damit "glückliches" Leben ermöglichen. Ohne irgendwelche Abläufe vergewaltigen zu müssen, so wie es die Landnutzer vor Joel Salatin über 200 Jahre machten, bis ihnen dasselbe Land keine Lebensmöglichkeit mehr bot, und sie verkauften und weiterzogen.

Der Film "Polyface" (die Untertitel "deutsch" kann man auf Youtube einstellen) behandelt dieses kleine Wunder, das nur durch kluges, vernünftiges Arbeiten entstanden ist. Vor allem beeindruckt die Unaufgeregtheit, die in den Gedanken der Farmbetreiber herrscht. Da braucht es keine Klimapanik, keinen Ökowahn, kein Veganismus und keine der vielen sonstigen Ideologien der Weltverbesserung, ja nicht einmal eine "bio-"Etikette ist nötig. Das ergibt sich alles sowieso von selbst. Denn die Liebe zum Land, vor allem aber die Liebe zu Gott, die einem (alleine!) über die Vernunft das Notwendige aufschließt, das zu tun ist, reicht. Das ist das Tor zum Segen.