Teil 2)
Der logos-Begriff hat sich aber nicht einmal in China entwickelt, wo im "Dao" (dem "Weg") ein dem logos ("Im Anfang war das Dao ..."
- und der griechische Begriff des logos muß gleichermaßen dynamisch als
"auf - zu", also als Sinnorientierung und -fülle gesehen werden) sehr
ähnliches Konzept existiert.
Bei den Griechen
entwickelte sich diese dynamische Auffassung zur Entwicklung einer
Physik, als ein Prinzip der Welt der Körper. Was zur
Identifizierung der Erstprinzipien mit Wasser (Anaximander) oder Feuer
(Heraklits Feuer als logos in Aktion also) beziehungsweise zur Energie als
Basis für alles führte. Was alles in gewisser Weise ja nicht ganz falsch
ist. Aber an diesem Punkt kam diese denkerische Bewegung zum Erliegen.
Denn die Griechen hatten einfach nicht die Instrumente, um über diese
Physik hinauszugehen - es fehlte ihnen schlicht die Offenbarung!
Und
darin erst liegt die wahre Möglichkeit, das Wesen der Welt in ihrer
logos-Begründung zu erkennen. Denn Gott ist in sich DREIFALTIG. Das
heißt in Vater-Sohn-Heiliger Geist sind alle drei Prinzipien der Welt und
Schöpfung analog erkennbar: Als Idee (Vater), als Physis (Sohn), die
zueinander in der Hauchung des Geistes bestehen. Drei Personen, jede für
sich eigenständig, und doch in einem Ganzen gesehen Gott.
So
blieb das griechische Denken einerseits stehen, und entwickelte sich
zum Sophismus. Anderseits war es aber später sogar die Basis für den
Materialismus, der dann mit Galilei beziehungsweise mit der Renaissance (die die
Antike re-installierte) durch die Entwicklung rein rechnerischer,
physischer Weltbetrachtung (Teleskop, später das Mikroskop) die
Ursache-Wirkungs-Beziehung der Welt in immer kleinere Teile auflöste.
(Aber immer vor einer Letztbegründung haltmachen mußte; hier haben wir
es tatsächlich mit dem Schildkröten-Modell zu tun.) Aber niemand, auch
nicht Plato oder Aristoteles, konnte Schöpfung als "Seinsmitteilung"
begreifen. Letzterer muß sogar deshalb als direkter Vater des
Materialismus gesehen werden, der mangels Alternative der Welt ein
mechanisches Ursache-Wirkung-Eigensein zusprach.
Ein
Denken, das sich dann über den Hellenismus, wie ihn konkret Alexander des
Großen Eroberung großer Teile der Welt verbreitete. Über den Gedanken
des "unbewegten Bewegers" konnte Aristoteles, der Lehrer des
mazedonischen Feldherren, aber nicht hinauskommen. Es fehlte die
Offenbarung über die Natur des Seins - Gottes! - als Dreifaltigkeit und
tri-personale Dynamik als analoge Grammatik allen Seienden (als Teilhabe
am Sein). Daß es einen Gott als Erstursache von allem aber geben muß,
das erkannte er sehr wohl. Aber er überschätzte die Rolle des Menschen,
damit der Geschichte, wo der Starke (Alexander) Instrument Gottes zur
Verbreitung des logos wurde, selbst wenn das faktisch mangelhaft
war. Aber eine andere Bewegung konnte es nicht geben als die, daß sich
Gott der Dinge als Zweitursache bediente: Wenn Alexander den Willen zur
Macht hatte, und indirekt den Hellenismus verbreitete, handelte er somit
im Willen Gottes.
Zu einer Versöhnung mit dem Konzept
Platos von Gott als Summe der Ideen, der als Demiurg (eine Art
"Handwerkergott") in die Welt zu deren Bestem (denn eine schlechte Idee
kann es in Gott, dem Sein, nicht geben) eingriff, kam es aber nicht.
(Aus dem Miß- beziehungsweise Unverständnis des Seins als dem Guten heraus, wo es
mit dem bloß Faktischen ineinanderfloß, entwickelte sich später die
Gnosis, in der Gott auch das Schlechte schafft.) Erst in Thomas von Aquin
kam es zur Zusammenschau (und damit Überschreitung der Griechen), der
allen Mangel als "fehlende Vollkommenheit des Seienden" identifizierte,
und damit mit dem inkarnierten Gott beziehungsweise der Geschichte als "aktives,
über Gottes Liebe wirkendes Ideenbild eines Seins hinter allem Seienden
in der Welt" zusammenbrachte: "Aut Deus - aut nihil." Entweder also
Gott, oder Nichts. Das Schlechte war und ist immer eine Weise des
Nichts, und das Nichts hat kein Sein, es ist nur ein Aspekt des Modus
des Seienden.
Zuvor aber findet sich diese
Wirklichkeitserfassung bereits im Apostel Johannes (dem Evangelisten).
Der einer geistigen Welt der Juden gegenüberstand. (Das Johannes-Evangelium
arbeitet den Unterschied zu den Juden und ihrer Gebundenheit ans
Faktische ALS Historisches sehr distinkt heraus.) Das griff der Apostel
Paulus auf, der aber scheiterte. Nach Jones Meinung sah daraus aber
Johannes, daß die Erlösungsbotschaft bei den Griechen aufgrund deren
logos-Begriffs-Vorarbeit in der Philosophie viel rascher geistige
Fruchtbarkeit entwickeln konnte. Hier war Logik und Widerspruchsfreiheit
effizientes Werkzeug, sie waren daran gewöhnt. An sie wandte sich dann
auch Johannes mit seinem Evangelium und dessen philosophischer
Auflösung.
Der Apostel Johannes (wie der Heilige Paulus in
Ephesos) nun griff diesen logos auf. Wenn man nun den Beginn seines
Evangeliums "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das
Wort war Gott" liest, so offenbart sich darin aber nicht einfach ein
Anklang an das griechische und sehr umfassende Verstehen vom logos,
sondern - in diesen Sätzen verweist Johannes, der damit eine Genesis
der Welt schreibt (Altes wie Neues Testament beginnen somit mit der
Schaffung der Welt), in der sich DIE DREIFALTIGKEIT AM WERK zeigt.
Denn Johannes widerholt sich nur scheinbar. Seine Verwendung vom logos ist vielmehr die unterschiedliche Weise des logos in
den unterschiedlichen göttlichen Personen! Jesus, der logos, der seine
Ideen vom Vater hat, ging als Gezeugter vom Vater aus, und somit war der
inkarnierte logos Gott, Gott war logos.
Und
erst in diesem Konzept, das der Mensch nur durch Selbstoffenbarung
Gottes erkennen kann (er muß um diese Dreifaltigkeit im Glauben WISSEN,
um sie dann auch SEHEN zu können), ergibt das Reden vom logos Sinn.
An denen Plato wie Aristoteles noch gescheitert waren, weil sie keinen
Weg fanden, Gott "in die Welt hinein" zu bringen beziehungsweise diese dann an Gott
angebunden zu erkennen. Denn nun waren Transzendenz und Immanenz Gottes
auf einen Schlag gelöst: Ein Gott in drei Personen heißt, daß Gott
sowohl in der Welt sein kann - als auch im Ewigen Licht, eben
transzendent, im Band des beide umfangenden, einenden Geistes, des
Heiligen Geistes, der Vater und Sohn gewissermaßen (und sehr
simplifiziert ausgedrückt) "in der Qualität eint".
Damit
konnte den Griechen beziehungsweise der Welt erstmals ein "Konzept" der Welt und
Wirklichkeit gegeben werden, das als innere Grammatik der gesamten Welt
und Schöpfung erkennbar wird. Diese Lösung des seit je ungelösten
denkerischen Problems war so beeindruckend und mächtig, so fruchtbar, so
erhellend, daß es die Philosophie für Jahrhunderte regelrecht
paralysierte. Denken wurde für viele Jahrhunderte zur reinen Theologie,
meint Jones.
Es beeindruckte auch Figuren wie den Heiligen
Augustinus. Der zuvor spirituelle (platonische) Wege gesucht hatte, zu
Gott im Geiste aufzusteigen - bis er nun erkannte, daß das gar nicht
notwendig ist, weil Gott zu uns Menschen HERABgestiegen ist. Und SO,
über die Menschwerdung, die Menschen Guten Willens, die das also
annehmen wollen, in die Göttliche Wirklichkeit hineinnimmt. Und damit
bekommt Geschichte (und Zeit) erstmals einen Sinn! Das war zuvor nicht
der Fall, weder bei Plato, noch bei Aristoteles. Dort war die Rede vom logos immer eine Form von Geometrie, als fixes, unbewegliches System ewiger Beziehungen.
Das
ist es zwar auch, auf eine Weise, aber es ist ein fixes System
dynamischer Beziehung. Damit bekommt auch das menschliche Dasein (als
Existenz) eine innere Dynamik, und ist von der antiken Vorstellung
fixer, ewig gleicher Wiederholungen frei. Für die Antike mußte das
Seiende, also die Welt, der Kosmos, ewig und anfanglos sein, weil es
keine Vorstellung davon haben KONNTE, wie das Seiende ins Sein kommt.
Wie eine Welt, die sich bewegt, mit einem unbewegten Beweger
zusammengeht.
In der Dreifaltigkeit aber hat
es die persönliche Dynamik der freien, unnotwendigen, ungeschuldeten
Seinsmitteilung aus reiner Liebe. Im logos war mit einem Mal die
dynamische "Kraft" - als Person Jesu Christi - erkennbar, die die Welt
ins Sein treibt einerseits, im Sein hält anderseits.
Morgen Teil 3)