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Dienstag, 27. August 2019

Warum Intelligenz NICHT ERBLICH ist

In einer längeren, aber als Einführung ins Thema sehr brauchbaren Arbeit geht William M. Briggs daran, die Frage um die Grenzen und den Nutzen von IQ-Tests, ja überhaupt um den Wert der Frage um den IQ als Urteil über menschliche Befähigung und Tauglichkeit zu hinterfragen. Denn anders, als viele meinen, ist Intelligenz und ist der IQ ... NICHT VERERBBAR. Und das läßt sich relativ leicht nachvollziehbar, wenn auch nicht in einigen wenigen Sätzen, nachweisen. 

Vererbbar ist nur eine gewisse biologische Disposition, die selbst aber mit Intelligenz direkt nichts zu tun hat, nicht direkt zumindest, sondern nur indirekt. Denn es gibt natürlich schon biologische Faktoren, die sich auf eines Menschen Intelligenz als Fähigkeit der geistigen Bewältigung von Leben und Welt auswirken. Man denke nur an einen Menschen in der Pension, der viel weniger Anforderungen ausgesetzt ist als sein Nachbar, der noch mitten im Arbeitsprozeß steht, und deshalb gewisse Aspekte der Intelligenz zweifellos weniger parat oder sogar schon rückgebildet hat. Auch haben die Gene nichts mit der Intelligenz - direkt - zu tun. Die Biologie des Menschen dient der Intelligenz, aber sie ist nicht deren direkte Bedingung.

Oder man denke an Behinderungen, erblich oder durch Unfälle oder Krankheit. Oder - und das hat gerade heute große Bedeutung - man denke an das Stadium der Reife (wie bei Kindern, aber auch wie bei Älteren, die seelisch-psychisch nicht erwachsen werden), die natürlich auf die Intelligenz zurückwirkt.

Das Thema ist äußerst vielschichtig und komplex, und es scheitert fast schon am Problem überhaupt definieren zu müssen, was denn Intelligenz sei. Und wie sie aussehe. Dies ist nur ein Grund, warum man im Sprechen über den IQ (Intelligenzquotient) sehr zurückhaltend sein muß. Insgesamt kann nämlich die Messung dieses Parameters auf so wenig Sicherheit in der Eindeutigkeit der Interpretation des Gemessenen zurückgreifen, daß man keinesfalls sagen kann, jemand "habe" diesen oder jenen IQ. Er schwankt, er ist unterschiedlich, selbst bei derselben Person, hängt von Ort und Zeit ab, wie jemand mit bestimmten Abfragesituationen zurecht kommt, und so weiter, und so fort. In jedem Fall sind nur absolut homogene Gruppen vergleichbar. Als absoluter Wert ist der IQ hingegen fast wertlos, in jedem Fall weit überschätzt.

Auch gibt es den enorm wichtigen kulturellen Faktor. Manche meinen gar, daß ein IQ-Test (egal wie er aussieht) nicht mehr ist als die Analyse bestimmter kultureller Fertigkeiten, Sichtweisen und Parameter. Viele der bekannten Aufgaben, die solche Tests enthalten, sind in ihrer "Richtigkeit" der Lösung völlig vom kulturellen Hintergrund, der kulturell bedingten (durchaus mit religiösen Einflüssen) Sichtweise, der Wertelandschaft abhängig und nicht so "absolut logisch", wie Test-Psychologen gerne tun. 

Ein chinesischer Dichter des 17. Jahrhunderts, der 26.000 Schriftsymbole kennt und sie in kalligraphischen Kunstwerken malen kann, der ganze Bibliotheken an Werken auswendig kennt, und zu dem das halbe Land pilgert, um sich Rat zu holen, würde angesichts eines heutigen IQ-Tests wohl ganz erbärmlich abschneiden. Nur Narren würden annehmen, er wäre aber weniger intelligent! Er wäre vielleicht manchen Aufgaben weniger gewachsen, vielleicht, was aber rein kulturell bedingt ist. 

Auch wäre es hirnrissig, die IQ-Werte von Asiaten und Schwarzen in den USA in absoluten Werten zu vergleichen, wie es durch die massenhaft vorhandenen IQ-Tests geschieht. Daß die eine oder andere Gruppe bestimmte Aufgaben leichter oder schwerer lösen kann, das mag sein, sofern sie halbwegs homogen ist läßt sich das auch über in gewissem Rahmen hinsichtlich bestimmter psycho-sozialer Bedingungen und deren Einfluß sagen. Aber über die Intelligenz der diesen Gruppen Zugehörigen sagt das wenig bis nichts aus.

Dazu kommt, daß das Fortpflanzungsverhalten bei allen Menschengruppen dazu tendiert, sich innerhalb einer bestimmten Prägungscharakteristik zu spezialisieren. Das ist es dann wohl, das manche dazu verleitet, bestimmten Gruppen bestimmte "Intelligenz" zuzuordnen. Aber das stimmt nicht, denn es gibt Bereiche der Intelligenz, die von Fähigkeiten leben, die mit der Fähigkeit einen IQ-Test zu lösen wenig zu tun haben. Damit kann bei (sagen wir) unteren sozialen Schichten sehr wohl eine Hebung des IQ erfolgen, nur in anderen Bereichen. Die allermeisten kulturellen Faktoren sind aber nicht vererbt, sondern sie sind angelernt.*

Dennoch aber ist es Schwachsinn zu meinen, man müsse Menschen nur die gleichen Bedingungen geben, dann wären sie auch schon in der Lage, sich dieselbe Intelligenz anzueignen, hätten somit im Berufs- oder Wirtschaftsleben die gleichen Chancen. So viele Faktoren spielen mit, daß schon der Gedanke, hier Gleichheit schaffen zu wollen absurd ist. 

Man denke nur an die geistigen Aspekte der Intelligenz, wie den Willen, die Sittlichkeit, die Motivation, oder man denke an die Inspiration! Die schon überhaupt nicht vom Menschen "machbar" ist, sondern die er nur in seiner geistigen Fähigkeit und Willensrichtung vorbereiten kann, sich auf Ewiges hin zu spannen. Aber Lasterhaftigkeit, und darin vor allem die Sexualität, ist immer schon dafür bekannt, daß sie das Interesse an der äußeren Welt abzieht und damit die Intelligenz, und zwar vor allem diese Art der Intelligenz, sogar deutlich mindert. (Ein Charakter- und Lasterschwein kann also immer noch gut bescheißen können, ja besser als der Tugendhafte, und er mag auch immer noch ein dekorierter Mathematikprofessor sein, der sophistische Theorien über Utopien publiziert. Ja, Sünder sind oft die besten, scheinbar gescheitesten Rhetoriker ...

Sünde macht dumm, darauf kann man es reduzieren. Die in der Sünde implizite Abwendung vom Sein wirkt als Grammatik der Sprache und des menschlichen Handelns und Wollen in die Intelligenz hinein und verändert beziehungsweise reduziert sie. Die in der Sünde enthaltenen (archetypischen) Entscheidungen sind als Grammatik des Welterfassens aktiv und durchwirken und deformieren den menschlichen Verstand wie seinen Geist. Sie zerstören als habituelle Seinsablehnung auch die schöpferische Kraft.

Das heißt nicht weniger, als daß sich in geistig und sittlich (das ist etwas anderes als "moralisch", im Gegenteil kann Moralismus zu einer Verringerung der Intelligenz führen!) hochstehenden Kulturen die Intelligenz der Menschen HEBT. Umgekehrt kann man aber auch klar feststellen, daß sich psycho-soziale Bedingungen, die den Einzelnen wenig ausspannen (wie in Wohlstands- und Konsumgesellschaften), die Intelligenz der Menschen SINKT.

Ein IQ-Test mißt in jedem Fall immer nur ein bestimmtes Spektrum von Intelligenz, das kann man sagen, aber er erfaßt niemals die ganze Intelligenz eines Menschen. Denn im Grunde mißt er nur, was der Test mißt, ohne absoluten Wert, und das sehr unsicher. Was heute ein großes Problem ist, denn auch hier wird der Statistiker Briggs nicht müde zu betonen, daß die heutige praktische Statistik, die auf Wahrscheinlichkeiten, Korrelationen und Prämissen-Linearisierung statt Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen aufbaut, in höchstem Maß unsichere, in einem sehr großen Maß sogar völlig ungültige weil sinnlose, damit irreführende Aussagen liefert.



*Was übrigens zu einem interessanten Phänomen führt, das in der Soziologie bekannt ist: "Intelligente" Menschen, die sich sohin mehr als andere mit geistigen Problemen auseinandersetzen und weniger Augenmerk auf sagen wir) "materielle Aspekte" legen, pflanzen sich bekanntermaßen weniger fort als weniger intelligente. Was sie damit aber tun nennt man "Intelligence Shredder", das heißt, daß jeder intelligente Mensch (mit seiner Lebenskultur) zu einer Absenkung des Intelligenzniveaus der nachkommenden Generationen führt! Die Intelligenz der gesamten Menschheit - und davon kann man ausgehen - hat sich somit im Laufe der Jahrtausende in jedem Fall VERRINGERT. Und sie verringert sich weiter, im Rahmen der Testparameter, das ist ein gemessenes Faktum.