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Samstag, 24. August 2019

Man denkt anhand eines Du (3)

Teil 3)



Damit war auch das Tor zur Wissenschaft als Erkenntnis über die Welt geöffnet, weil die Logik der Welt mit der göttlichen Logik gewissermaßen zusammenstimmte. Das Denken war nun nicht mehr eine in sich sinnlose, bestenfalls praktisch nützliche Bewegung des Menschen, sondern Teilhabe am göttlichen logos, an der Gedankenwelt Gottes. Und es war noch dazu in der "Gutheit" verankert. (Ganz im Gegensatz zur heutigen Auffassung, dieses über den Positivismus des 20. Jahrhunderts speziell ausgearbeitete Konzept einer in sich leeren Wissenschaft, die nie Wahrheit, sondern immer nur Falsifizierung - siehe Karl Popper - möglich macht.)

An der Abwesenheit dieses Wissens um die innere Grammatik Gottes ist dann später auch der aus dem Arianismus (Nestorianismus) heraus entstehende Islam ("Es gibt nur einen Gott, und der inkarnierte Messias ist NUR ein Prophet", nicht Gott, der logos) gescheitert. Der es nie geschafft hat, die Philosophie mit Gott und Gottes Willen und Denken in Übereistimmung zu bringen. Wo Gott ein Gott der Willkür bleibt, dessen Wege nie "einsehbar" werden - "Inschallah", der alles bringen kann, auch Sinnloses.

In der Dreifaltigkeit hat alles Sinn, und Sinn wird zur Gretchenfrage aller Geschichte. Und richtiges Handeln - "Moral" - wird auf diese Weise zur Übereinstimmung mit dem an der Welt als deren innere Wirklichkeit und Grammatik Erkennbaren. Die gesamte katholische (abendländische) Kultur basiert dann auch darauf, daß das richtige Handeln in der Erfüllung der wahren Natur der Schöpfung liegt. Erst in einem inkarnierten Gott gibt es (sinnhafte) sekundäre Kausalität, kann es also auch innerhalb der Welt sinnhafte Ursache-Wirkungs-Beziehungen geben. Auf eine Weise sind hier Natur und Gott nicht mehr strikt getrennt. Ontologisch zwar sehr wohl, also die Welt IST nicht Gott, aber sie ist Analogie, Ähnlichkeit, denn sie wird von göttlicher Grammatik gewissermaßen geformt, WENN sie dem logos folgt. 

Und das baut jene Vernunft als Möglichkeit ja Pflicht auf, in der Vernunft Gott treu zu bleiben, die diese mächtige, diese geschichtsmächtige Kulturentwicklung möglich machte. Vernünftigkeit und logos (Gott) sind nicht mehr zwei zusammenhanglose Konzepte. Wer die Welt erkennen will, muß also "einfach" beziehungsweise zuvor Gott erkennen. Weil es aber einem Geschöpf niemals möglich ist, die Gedanken eines Schöpfers zu erkennen, es sei denn, dieser offenbart sich, braucht es diese Offenbarung, und damit den realen Offenbarungsträger - die Kirche. Aus sich heraus ist kein Mensch in der Lage, Gott zu erkennen, will heißen: Zu schauen. Das ist immer ein ungeschuldeter Akt Gottes selbst.

Deshalb kommt der spanische (jüdische) Arzt und Philosoph Maimonides im 12. Jahrhundert zur Aussage, daß Gott für den Muslim so etwas wie ein absolut herrschender Kalif ist, der nach Willkür seinen Willen formt und durchsetzt. Gott wird für den Islam zum puren Willen, in dem nicht einmal Gott selbst weiß, ob er im nächsten Moment links oder rechts gehen wird. So ist verstehbar, daß sich in der islamischen Welt nach dem Auslaufen der alten, letztlich logos-basierten hellenistischen Philosophie keine neue, eigene Philosophie mehr entwickelte. Speziell in Persien, meint Jones, und erzählt dies bestätigende Begebenheiten, die er dort erlebt hat, steht diese alte Kultur in einem nie gelösten Konflikt mit dieser islamischen Anforderung, ja identifiziert dies als den eigentlichen Grund im Konflikt zwischen der (persischen) Schia und dem Sunnitentum Arabiens. Gegen das zu widersprechen sich der persische Geist immer aufgefordert sah, ohne freilich, gebunden an islamische Prinzipien ("sola scriptura"), zu einer Lösung zu gelangen. 

Ein Kampf, der sich vor rund tausend Jahren im Islam abspielte und sogar zu einem Bürgerkrieg führte. Aus dem jene Strömung als Sieger hervorging, die den Islam bis zum heutigen Tag bestimmt und dessen Bestehen in der Welt oft zu einer verzweifelten Frucht des Fanatismus wird. Weil sich die menschliche Vernunft damit nicht versöhnen läßt, wir haben hier darüber schon ausführlich gehandelt.

Man kann es auf den einfachen Satz eindampfen: Wer die Welt intellektuell verstehen will, muß ZUERST die Dreifaltigkeit verstehen! Jede Wissenschaft ist deshalb auch sinnlos und zum Irrtum verdammt, wenn sie meint, ohne vorausgehende Offenbarung auskommen zu können.

Die Entwicklung im Abendland, mit dem Aufkommen der Philosophie der Scholastik als Fundamentbestimmung des abendländischen Denkens im 13. Jahrhundert sieht Jones als Auseinandersetzung mit den Averroismus, also der Lehre von den geteilten Wahrheiten: Der  Wahrheit der Theologie, der Philosophie, und der Naturwissenschaft. Die unvereinbar sind, miteinander nichts zu tun haben, und jeweils für sich stehen. Deshalb können sie einander auch widersprechen.

Das stürzt das Abendland in eine tiefe Krise. Die Geschichte der Wissenschaft des Abendlandes begann erst, als 1277 per Lehrentscheidung der Kirche die Einheit der Wahrheit bekräftigt wurde. Wer den Glauben ohne Vernunft will, endet im Fideismus, im Fanatismus. Der aber den Verstand ohne Glauben will, endet im Skeptizismus. Und genau das ist dann auch passiert: Mit diesem Nominalismus zerfällt auch das Abendland bereits ab dem 14. Jahrhundert. Der dann zum Fideismus des Protestantismus eines Martin Luther führt. 

Es entstand aber auch durch den in derselben Bewegung überzogenen Scholastizismus, der sich ob der immer intellektualistischeren Glaubensdispute ("Wieviele Engel haben auf einer Nadelspitze Platz?") jeder Anfrage an die Schöpfung enthob, ein ungeheurer Bedarf nach Empirie. Zweihundert, dreihundert Jahre lang wurde nun die Wissenschaft dominiert von der Faszination der Zweitursachen, als einer Welt, die immer mehr wie eine Mechanik, wie eine materialistische, dingliche, von Gott unabhängige Maschine verstanden wurde. Bis im 20. Jahrhundert die Erkenntnis Gestalt annahm, daß es diese materielle Welt, die angeblich für sich stehende Zweitursache ist, gar nicht gibt. Daß Materie ein Modus von Energie ist, wie Heisenberg feststellen mußte.

Morgen Teil 4)