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Freitag, 10. April 2020

Dann werden es die Steine predigen

Satz um Satz dieser Predigt von Pfarrer Hans Milch aus dem Jahre 1979 - in der ersten halben Stunde! - verdiente es, in Stein gemeißelt zu werden, und diesem Volk, dieser Kultur an jenes Tor gestellt zu werden, aus dem sie aus der Gemeinschaft der Kulturvölker und damit der Völker überhaupt ins Nichts treten. Hier spricht ein Prophet, und er spricht in Versen, in denen das Verschmelzen von Poesie mit Wahrheit und Zeitgemäßheit, weil aus dem Brunnen des immer Gültigen geschöpft, vor Augen steht. 

Was Milch deshalb hier sagt ist ein Lied des Untergangs, ein Lied des Leidens und der Tragödie, die sich vor unseren Augen vollzogen hat (sic!), und in deren Trümmern und Ruinenlandschaften wir nun leben.

Aus menschlichem Kalkül, sagte Milch bereits 1979, ist keine Rettung. Wenn er das sagt, ein Wort von Jünger übernehmend, daß der Glaube keine Kraft mehr hat, daß die Heiligkeit verschwunden ist, dann weist er auf etwas anderes hin. Auf etwas, das REAL so entscheidend ist. Auf die Tatsache, die Milch als "der große Irrtum" bezeichnet, daß sich der Mythos als jene Erzählung, auf die sich ein Volk
- und damit jeder Mensch, jeder, denn jeder gehört einem Volke an, ein Schicksal steht fürs andere, eines ist mit dem des anderen verknüpft - 
als generellen Verstehens- und Interpretationshorizont des sinnlichen Datums bezieht, aus dem heraus es "Welt" erkennt und gestaltet, daß also dieser Mythos der wirklichen Wirklichkeit, diesem Brunnen alles Seienden, also von allem das ist, entfernt steht. Die Generalerzählung, das "Narrativ" (von dem man heute so gerne spricht) ist ein Sumpf der Irrtümer und Dummheiten, der Schmach, der Würde- und Ehrlosigkeit. Und damit, ja deswegen, eine Schlangengrube der Widersprüche.






*080320*